Neue Mission Indien greift nach dem Mond
Vor vier Jahren hatte Indien es schon einmal erfolglos versucht, beim zweiten Versuch soll sie aber klappen - eine unbemannte Landung auf dem Mond. Für das Land geht es auch ums Prestige.
Der ganze Stolz der indischen Raumfahrt ist mehr als 40 Meter hoch - die Trägerrakete LVM3. Ende März hat sie zuletzt ganze 36 Satelliten erfolgreich ins Weltall getragen. Beim nächsten Start, der für den Vormittag deutscher Zeit geplant ist, wird die Rakete ein Mond-Lande-Modul ins All befördern. Das soll dann Ende August auf der Mond-Oberfläche aufsetzen und einen kleinen Roboter freilassen.
Der Rover mit Namen "Pragyan", was so viel wie "Weisheit" bedeutet, soll dann diverse Messungen durchführen, erklärt Sreedhara Somanath, der Chef der indischen Raumfahrtbehörde ISRO: "Wir schauen uns die elementare Zusammensetzung an, sowohl die der Mond-Oberfläche als auch der bodennahen extrem dünnen Atmosphäre." Zudem will man die seismischen Aktivitäten des Mondes messen, sofern es überhaupt welche gibt, indem dort ein hochsensibles Messgerät ausgesetzt werden soll. "Das werden die wichtigsten Messungen dieser Mission sein."
Satellitenlösung für Nachbarstaaten geplant
Sollte alles nach Plan laufen, wäre Indien nach der ehemaligen Sowjetunion, den USA und China das vierte Land, dem eine erfolgreiche Mondlandung gelingt. Der letzte Versuch war 2019 noch gescheitert, nun soll nichts mehr schiefgehen. Denn für Indien ist die Mondmission auch eine Verkaufspräsentation. Das Land möchte in Südasien künftig als Raumfahrt-Dienstleister auftreten und seinen Nachbarn eine eigene Satellitenkommunikation ermöglichen.
Rajkumar Ranjan Singh ist Staatsminister im indischen Außenministerium und wirbt für die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten für Schwellen- und Entwicklungsländer: "Die Weltraumtechnologie erhöht die Vorhersagbarkeit - etwa der Auswirkungen des Klimawandels auf die Ernte, da geht es um Ernährungssicherheit." Aber auch ein Blick auf mögliche Naturkatastrophen oder die Verteilung von Wirtschaftswachstum sei denkbar. "Das sind alles Unsicherheiten, die besonders die Entwicklungsländer im globalen Süden betreffen. Weltraumtechnologie und Weltraumwirtschaft können uns dabei helfen, nachhaltige Entwicklungsziele zu erreichen", so der Staatsminister.
Nächstes Projekt bereits geplant
Doch nicht nur als Geschäftsmodell ist die Raumfahrt für Indien interessant, sondern auch für die Sicherheitspolitik. Etwa wenn es darum geht, ein eigenes regionales Navigationssystem auf den Weg zu bringen. Das könnte unabhängig vom US-amerikanischen GPS funktionieren, erklärt Indiens oberster Raumfahrtingenieur Somanath.
"Wir brauchen unsere eigenen Systeme für den Fall, dass wir uns schützen müssen." Deshalb habe man ein Konzept namens NavIC entworfen. "Das ist kein globales System, wie das GPS der USA, die eine globale Militärmacht sind. Das sind wir nicht", räumt Somanth ein. "Wir haben uns vielmehr überlegt, wie ein regionales Navigationssystem nur für Indien und seine Nachbarstaaten aussehen könnte und wie es unseren strategischen Zwecken dienen kann."
Und falls das Projekt Mondlandung erfolgreich abgeschlossen werden sollte, plant die Raumfahrtbehörde bereits ihr nächstes Projekt - Indiens erste bemannte Mission ins All.