Trotz internationaler Kritik Nordkorea feuert Langstreckenrakete ab
Nordkorea hat trotz internationaler Warnungen eine Langstreckenrakete gestartet und sie offenbar ins Weltall geschossen. Die USA kritisierten die Aktion als "destabilisierend und provokativ". Der UN-Sicherheitsrat kommt heute zu einer Sondersitzung in New York zusammen.
Einen Monat nach seinem Atomtest hat Nordkorea eine Langstreckenrakete ins Weltall geschossen. Das nordkoreanische Staatsfernsehen berichtete, die Rakete habe den "Erdbeobachtungssatelliten Kwangmyong 4 erfolgreich in die Umlaufbahn gebracht". Machthaber Kim Jong Un erteilte demnach persönlich den Befehl zum Abschuss.
Nordkorea habe das Recht, das Weltall "friedlich und unabhängig" zu nutzen, sagte die Nachrichtensprecherin. Der Raketenstart sei aber auch ein "Durchbruch bei der Steigerung der nationalen Verteidigungsfähigkeiten".
Es gab zunächst keine unabhängige Bestätigung dafür, dass die letzte Stufe der Trägerrakete tatsächlich die Erdumlaufbahn erreichte. Ein Vertreter der US-Armee sagte, dass die Trägerrakete "anscheinend" das Weltall erreicht habe.
Verstoß gegen UN-Resolutionen
Nordkorea behauptet, dass sein Raumfahrtprogramm rein wissenschaftlicher Natur sei. Die Staatengemeinschaft betrachtet den Raketenstart dagegen als Test einer ballistischen Rakete und damit als Verstoß gegen Resolutionen des UN-Sicherheitsrats.
Die USA verurteilten den Start als "destabilisierend und provokativ". Zudem sei er eine "schamlose Verletzung" zahlreicher UN-Resolutionen. Zugleich setzten sich die Vereinigten Staaten für "ernste Konsequenzen" ein, erklärte US-Sicherheitsberaterin Susan Rice in Washington. Die nordkoreanischen Waffenprogramme seien "eine ernste Bedrohung unserer Interessen - einschließlich der Sicherheit einiger unserer engsten Verbündeten - und untergraben Frieden und Sicherheit in der breiteren Region".
"Ernste Konsequenzen der rücksichtslosen Aktionen"
Die USA seien der Sicherheit ihrer Verbündeten in der Region zutiefst verpflichtet, "und wir werden alle nötigen Schritte unternehmen, um uns selbst und unsere Verbündeten zu verteidigen und auf die nordkoreanischen Provokationen zu antworten", so Rice. "Wir rufen die internationale Gemeinschaft auf, zusammenzustehen und Nordkorea zu demonstrieren, dass seine rücksichtslosen Aktionen ernste Konsequenzen haben müssen."
US-Außenminister John Kerry kündigte an, dass die USA mit ihren Partnern und Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates weiter an "bedeutenden" Maßnahmen arbeiten, um Nordkorea zur Rechenschaft zu ziehen. "Die Zeit ist jetzt gekommen, das entschlossen und vereint zu tun", erklärte Kerry.
Die Vereinten Nationen haben für heute eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats in New York einberufen. Der Raketenstart verletze bestehende Resolutionen des Sicherheitsrats und sei "tief beklagenswert", erklärte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon.
Internationale Kritik an Pjöngjang
Auch Russland verurteilte den Start der Langstreckenrakete als Verstoß gegen internationale Vereinbarungen. "Solche Handlungen führen zu einer Verschärfung auf der koreanischen Halbinsel und im Nordosten Asiens", hieß es in einer Erklärung des Außenministeriums. "Wir sind gezwungen festzustellen, dass Nordkorea ein weiteres Mal internationales Recht provokativ missachtet hat."
In Tokio sagte ein japanischer Regierungssprecher, der Raketenstart sei eine Bedrohung für den Frieden und die Sicherheit der Welt. Man werde beim Regime in Pjöngjang vehement protestieren. Ministerpräsident Shinzo Abe übte ebenfalls scharfe Kritik und sprach von einem Verstoß gegen UN-Resolutionen. Japan habe jedoch nichts unternommen, um die Rakete abzufangen, hieß es von Seiten des Verteidigungsministeriums in Tokio. Japan unterhält keine diplomatischen Beziehungen zu Nordkorea.
Auch aus Großbritannien kam Kritik. Nordkorea sei sich bewusst, dass es mehrere UN-Sicherheitsrats-Resolutionen verletzt habe, sagte ein Sprecher des Londoner Außenministeriums. "Wir werden mit unseren Verbündeten und Partnern zusammenarbeiten, um eine robuste Antwort sicherzustellen."
Südkorea verhandelt mit USA über Abfangraketen
Südkorea kündigte den Beginn offizieller Gespräche mit den USA über die umstrittene Lieferung amerikanischer Abfangraketen an. Beide Länder hätten sich darauf geeinigt, über die Möglichkeit der Aufstellung von Raketen des Typs THAAD durch die US-Streitkräfte in Südkorea zu reden, teilte das Verteidungsministerium in Seoul mit.
Die Ankündigung dürfte vor allem China und Russland beunruhigen, die strikt gegen eine Aufstellung von THAAD-Raketen in Südkorea sind und diese als Bedrohung ansehen. Der nordkoreanische Atomtest im Januar und der Raketentest am Sonntag hätten gezeigt, dass ein solches Abfangsystem in Südkorea nötig sei, hieß es aus dem Verteidigungsministerium in Seoul. Die USA haben in Südkorea 28.500 Soldaten als Abschreckung stationiert. Die Raketen des Typs THAAD wurden für das Abfangen ballistischer Kurz- und Mittelstreckenraketen entwickelt.
Scharfe Kritik schon im Vorfeld des Abschusses
Die USA, Südkorea und Japan hatten die Pläne schon im Vorfeld scharf kritisiert. Die Länder sehen darin einen verschleierten Test für die Technologie von Interkontinentalraketen. Diese können mit atomaren Sprengköpfen bestückt werden.
Am 6. Januar hatte Nordkorea die Zündung einer Wasserstoffbombe verkündet und damit weltweit Empörung hervorgerufen. Der vierte Atomwaffentest Nordkoreas seit dem Jahr 2006 war vom UN-Sicherheitsrat scharf verurteilt worden. Atomexperten und die US-Regierung bezweifelten allerdings, dass es sich tatsächlich um eine Wasserstoffbombe handelte. Die Explosion sei dafür nicht stark genug gewesen.