Seehofer in Ungarn Orban will Grenzen "luftdicht versiegeln"
Hatte Horst Seehofer vor, mit seiner Visite bei Ungarns Ministerpräsident Orban die Kanzlerin kurz vor dem Flüchtlingsgipfel zu schwächen? Nein, beteuert er und spricht von einer Wende Merkels in der Flüchtlingspolitik. Und Ungarns Regierungschef will die Grenzen noch dichter machen.
Kurz vor dem EU-Flüchtlingsgipfel mit der Türkei hat Ungarns Regierungschef Viktor Orban eine europäische Verteilung der Flüchtlinge strikt abgelehnt. "Wir würden keine Vereinbarung akzeptieren, die einen Transfer von Migranten aus der Türkei nach Ungarn vorsieht", sagte Orban nach einem Treffen mit CSU-Chef Horst Seehofer in Budapest. "Wir glauben, dass wir fähig sein sollten, die Grenzen luftdicht zu versiegeln."
Seehofer hingegen betonte seine Unterstützung für die Verhandlungsposition von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), die eine europäische Verteilung durchsetzen will. Auf Dauer sei eine Lösung nur in "europäischer Solidarität" zu erreichen, sagte Seehofer dazu. SPD und Grüne hatten Seehofer zuvor vorgeworfen, Merkels Position mit seiner Budapest-Visite zu schwächen.
Diesen Vorwurf wiesen Orban und Seehofer energisch von sich. "Wir sind nicht gegen Angela Merkel", sagte Orban in Budapest im Anschluss an das Gespräch mit Seehofer. Sie beide hätten Interesse an einer starken Bundesregierung.
Seehofer: Nicht bleibeberechtigte Flüchtlinge stoppen
Seehofer bekräftigte, dass nicht bleibeberechtigte Flüchtlinge an den Außengrenzen der Europäischen Union gestoppt werden müssten. Die Länder, die die Außengrenze bildeten, dürften nicht alleine gelassen werden, sagte Seehofer bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Orban.
Seehofer sieht inzwischen sogar eine Wende von Kanzlerin Merkel in der Flüchtlingspolitik. Er begründete das mit der Situation in Griechenland, wo derzeit wegen der Sperrung der Grenze durch das nördliche Nachbarland Mazedonien Zehntausende Flüchtlinge festsitzen. "Es wird jetzt nicht gesagt, das Problem lösen wir dadurch, dass ich die Flüchtlinge nach Deutschland bringe", sagte Seehofer. "Wenn das keine Wende ist."
Seehofer wirft EU-Kommission "riesiges Versagen" vor
Er bezog sich auf Merkels Entscheidung vom September 2015, in Ungarn gestrandete Flüchtlinge nach Deutschland zu holen. Über die derzeit in Griechenland festsitzenden Flüchtlinge hatte Merkel am Dienstag dagegen gesagt, diese sollten dort bleiben. Er halte das für die richtige Entscheidung, erklärte der bayerische Ministerpräsident. "Das bringt wiederum die EU verstärkt in den Druck, endlich mal an den Außengrenzen den Ländern zu helfen, die dann mit diesem Problem zwangsläufig zu tun haben."
Es sei schon in der Vergangenheit ein Fehler gewesen, Italien und Griechenland bei der Kontrolle der EU-Außengrenzen nicht zu helfen. Seehofer warf der EU-Kommission deswegen "riesiges Versagen" vor.