Parlamentswahl in Australien Enges Rennen erwartet
Etwa 17 Millionen Australier wählen ein neues Parlament. Die Entscheidung fällt zwischen der konservativen Liberal Party unter Premier Morrison und Labour-Herausforderer Albanese. Es könnte eine Minderheitsregierung geben.
Unerquicklich, so sei der ganze Wahlkampf gewesen. Sechs Wochen lang haben die beiden Hauptkontrahenten vor allem den anderen schlechtgemacht.
ScoMo - Scott Morrison von den Liberals - gegen Albo - Anthony Albanese von der Laborpartei. Und so bleibt für einige Wähler nur die Frage: "Entscheidet man sich besser für das bekannte Übel oder das unbekannte Übel?" Ein Mann aus Sydney zumindest bleibt beim Alten, das sagte er der Nachrichtenagentur Reuters.
Unabhängige Kommission gegen Korruption
Doch ScoMo ist, obwohl bekannt, für viele so übel, dass er nicht mehr wählbar sei, meint Patrick Avenell: "Er behandelt Menschen herablassend und mit Verachtung. Er lässt sie nicht zu Wort kommen und hört nicht zu, er lernt nicht dazu. Und für alles hat er eine Entschuldigung. Er verspricht, eine unabhängige Kommission gegen Korruption einzuführen und beschuldigt dann die Opposition, keine zuzulassen. Diese Doppelzüngigkeit ist unglaublich."
Eine unabhängige Kommission gegen Korruption ist etwas, das sich viele Australier wünschen. Denn ihrer Ansicht nach ist die Politik der großen Parteien zu sehr abhängig von Großspendern wie etwa der fossilen Brennstoffindustrie. Kohle, Öl und Gas werden von der bisherigen konservativen Regierung unter Scott Morrison gefördert. Nach wie vor werden neue Anlagen genehmigt.
Zwei Drittel des Stroms aus Kohlekraft
Obwohl Australien unermessliche Kapazitäten für regenerative Energien hat, in Form von Solar- und Windenergie, kommen bisher zwei Drittel des Stroms aus Kohlekraftwerken. Pro Kopf emittiert Australien viermal mehr CO2 aus Kohle als jedes andere Industrieland, sagen jüngste Erhebungen.
"Darum will ich unbedingt jemanden, der die Klimakrise ernst nimmt, denn momentan hinkt Australien wirklich hinterher", sagt eine Wählerin. Auf einer Liste, die den Einsatz der Industrieländer zur Klimarettung betrachtet, landet Australien auf einem der letzten Plätze.
Buschfeuer, Dürren und Korallenbleichen
Dabei geht es nicht nur um das globale Klima, das das Land mit seinen Kohleexporten weiter aufheizt, sondern auch um das, was die Australier am eigenen Leibe erfahren: die verheerenden Buschfeuer von 2019/2020, als ein Drittel der Wälder brannte. Jahrelange Dürren, die Farmer reihenweise zum Aufgeben zwingen. Korallenbleichen, eine nach der anderen, bei denen die erhitzten Meere das Naturwunder Great Barrier Reef töten - weswegen die UNESCO das Welterbe womöglich bald als gefährdet einstuft.
"Wir müssen uns auf den Klimawandel konzentrieren - wegen unserer Kinder", sagt eine Frau. So klingen die Wählerinnen und Wähler, vor allem in den Städten. "Wir müssen Korruption angehen, und das Klima hat höchste Priorität", sagt ein Mann. "Ja, ich hoffe, dass Australien eine bessere Klimapolitik einführen kann", sagt eine 18-jährige Erstwählerin.
Starke Frauen kandidieren
In den urbanen Bereichen zeichnet sich in zahlreichen Wahlkreisen ab, dass unabhängige Kandidaten den etablierten Parteien den Rang ablaufen. Vor allem starke Frauen kandidieren dort - zu denen wiederum Wählerinnen tendieren, die frustriert sind von der Frauenfeindlichkeit, die von etablierten Politikern mehr als toleriert wird.
Ob also einer der beiden Hauptkontrahenten gewinnt, Albo oder ScoMo, ist offen. Viele Beobachter tippen auf einen unklaren Wahlausgang. Dann muss sich eine Minderheitsregierung mit vielen Unabhängigen bilden. Das ist vielen Wählerinnen und Wählern auch recht, Hauptsache der unerquickliche Wahlkampf ist vorbei.