Streit um Upload-Filter Ein Artikel als Angstmacher
Am Dienstag will das EU-Parlament über die Urheberrechtsreform abstimmen. Doch vor allem der Artikel 13 schürt noch Streit und Ängste - bei Internetnutzern und in der Politik.
Sie sehen die Meinungsfreiheit und die Demokratie in Gefahr, manche sprechen sogar vom "Ende des Internets": Die Gegner der geplanten Urheberrechtsreform in Europa wollen mit Demonstrationen in rund 20 Ländern die Richtlinie stoppen.
Die Gemüter erregt besonders der Artikel 13 der geplanten Novelle. Er sieht nach Meinung der Kritiker zumindest indirekt den Einsatz von Upload-Filtern vor, mit denen Texte, Musik oder Bilder noch vor dem Hochladen auf eine Website automatisch geprüft und gegebenenfalls blockiert werden können. Internet-Nutzer fürchten Zensur und Überregulierung, wenn jeder Post geprüft wird.
Stephan Wiesner ist Fotograf und YouTuber. Er befürchtet, dass die Upload-Filter nicht exakt unterscheiden können, ob ein Foto nun von ihm oder von jemand anderem stammt.
Konkrete Probleme könnten aber auch Künstler wie der Fotograf und YouTuber Stephan Wiesner bekommen. Er nutzt die Plattform, um auf seine Bücher aufmerksam zu machen. Regelmäßig lädt er Fotos und Videos hoch. Nun macht er sich Sorgen, dass das bald nicht mehr so reibungslos funktionieren könnte. Sollte die Urheberrechtsreform vom Europäischen Parlament beschlossen werden, müssen Plattformen wie YouTube, Myvideo oder Dailymotion wohl technische Änderungen vornehmen.
Grund dafür ist der besagte Artikel 13 (siehe Infokasten). Laut dieses Artikels sollen in Zukunft Plattformen dafür haften, wenn Nutzer etwas hochladen, das nicht den Richtlinien entspricht. Für Facebook, YouTube und Co. würde das bedeuten, dass sie Inhalte schon vor dem Hochladen prüfen müssten, um Urheberrechtsverstöße möglichst auszuschließen. Aufgrund der großen Menge an Bildern, Videos und anderen Posts wäre das von Menschen nicht zu kontrollieren. Es müssten also Computer eingesetzt werden, also die sogenannten Upload-Filter.
Artikel 13 der geplanten Novelle für das Urheberrecht in der EU, gegen den sich der Protest vieler Internet-Nutzer richtet, hat eine neue Bezeichnung bekommen. In der aktuellen Version des Gesetzestextes wird er als Artikel 17 geführt.
Upload-Filter könnten fehlerhaft sein
Wiesner befürchtet, dass die Upload-Filter nicht exakt unterscheiden können, ob ein Foto nun von ihm oder von jemand anderem stammt. "Ich bin selbst Informatiker, ich weiß, wie schwierig das ist", sagt er. "Ich glaube nicht, dass es technisch möglich ist, fehlerfreie Upload-Filter zu installieren."
Die Folge wäre, dass viele Inhalte beim Hochladen blockiert würden, obwohl es dazu eigentlich gar keinen Grund gibt. Das sei dann eine Form von Zensur, so Wiesner. Er befürchtet außerdem, dass sich YouTube und andere Portale aus Europa zurückziehen könnten. Für Wiesner und viele andere YouTuber wäre das ein großes Problem - ihnen würde ihr Arbeitsinstrument entzogen werden.
Es gibt aber noch mehr Probleme: Kritiker halten die Einrichtung der Upload-Filter für so teuer, dass kleine Anbieter aufgeben müssten. Auch das wäre eine Einschränkung der Freiheit im Netz. Gerieten einmal eingeführte Filter in falsche Hände, dann wären für die Zensur unliebsamer Inhalte Tür und Tor geöffnet.
Mehr Gerechtigkeit für Künstler
Tobias Reitz schreibt Schlagertexte für Stars wie Helene Fischer und Thomas Anders. Die Urheberrechtsreform sei eine Richtungsentscheidung für Künstler, sagt er.
Tobias Reitz kann es hingegen kaum erwarten, dass sich am Urheberrecht etwas ändert. Er ist ein erfolgreicher Autor für Schlagertexte, hat Musikstars wie Helene Fischer, Thomas Anders und Mary Roos seine Worte in den Mund gelegt. "Die Kreativen bekommen deutlich zu wenig für ihre Arbeit", beschwert er sich.
Reitz erklärt das anhand eines eindrucksvollen Beispiels. Für Helene Fischer hat er den Text zu dem Song "Du fängst mich auf und lässt mich fliegen" geschrieben. Auf einer Plattform habe der Song 128.000 Klicks gehabt. Dafür bekam er einen Euro und 16 Cent. Das ist wenig Lohn für viel kreative Arbeit.
"Das noch viel größere Problem war aber, dass der Song auch auf anderen Plattformen Hunderttausende Male angehört wurde", so Reitz. "Da habe ich aber gar nichts für bekommen." Das Problem sei, das heutzutage keiner mehr Musik kaufen möchte. Früher habe man sich eine Schallplatte oder eine CD ins Regal gestellt. Heute werde nur noch konsumiert. "Dadurch, dass alles gestreamt wird und immer und überall verfügbar ist, gibt es gar keine Notwendigkeit, etwas zu kaufen", sagt Reitz. Für die Künstler seien dadurch große Einnahmequellen weggebrochen.
Autoren, Filmemacher, Musiker "fair entlohnen"
Reitz zufolge ist es nun an der Zeit, dass die Plattformen Verantwortung übernehmen. "Die GEMA ist ein Winzling gegen YouTube und Google. Deshalb muss nun ein rechtlicher Rahmen geschaffen werden. Den Betreibern der Plattformen muss klar gemacht werden: Ihr seid für die Inhalte verantwortlich. Und ihr müsst die fair entlohnen, die die Inhalte liefern, mit denen die Plattformen ihr Geld verdienen."
Die Urheberrechtsreform sei eine Richtungsentscheidung; die rechtliche Grundlage für die Zukunft. Autoren, Filmemacher, Musiker - sie alle sind darauf angewiesen, dass sie für die Klicks Geld bekommen. Sonst könne es sein, dass viele Künstler aufgeben und kulturelle Inhalte verschwinden. Und das sei schließlich auch eine Form von Zensur.