Reaktionen in Berlin und Brüssel Berlin und Brüssel vermeiden Kritik an Russland-Wahl
Mit vorsichtig-verhaltenden Worten haben Mitglieder der Bundesregierung auf die Präsidentenwahl in Russland sowie die Fälschungsvorwürfe reagiert. Die Kanzlerin verpackte ihre Kritik in diplomatisches Bedauern - und reichte die Hand zur engen Zusammenarbeit. Die EU setzt auf Putins Reformwillen
Die Bundesregierung will weiterhin eng mit Russland und seinem neuen Präsidenten Wladimir Putin zusammenarbeiten- trotz Zweifeln an der Rechtmäßigkeit der Wahl. Kritik wurde allenfalls verhalten geäußert.
"Das ist bedauerlich"
Die Umstände der Wahl würden in vielem nicht dem entsprechen, was in anderen Teilen Europas üblich sei, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. "Das ist bedauerlich." Zugleich bekräftigte Seibert, dass Russland ein strategischer Partner für Deutschland sei. Viele internationale Probleme könnten nur gemeinsam mit Russland gelöst werden. Zugleich forderte die Bundesregierung Putin zu weiteren Reformen auf. Bei der Modernisierung Russlands, die sich Putin zur Aufgabe machen will, müsse es sich auch um eine "politisch-gesellschaftliche Modernisierung" handeln, hieß es in Berlin. Demokratie und Menschenrechte müssten gestärkt werden.
Ohne Russland geht es nicht
Bundesaußenminister Guido Westerwelle forderte die Regierung in Moskau auf, alle Hinweise auf Unregelmäßigkeiten zu untersuchen. Er verwies zugleich aber auch auf die wichtige Rolle Russlands innerhalb der Staatengemeinschaft. "Wir können die Sicherheit auch auf unserem europäischen Kontinent nicht gegen Russland, sondern nur mit Russland gemeinsam übernehmen", sagte der Außenminister.
Ex-Außenminister Frank-Walter Steinmeier appellierte an Putin, weitere Reformen auf den Weg zu bringen. Die Erwartungen an eine "Demokratisierung" Russlands seien gestiegen, sagte der SPD-Fraktionschef. Der Vorsitzende des Auswärtigen Bundestagsausschusses, Ruprecht Polenz (CDU), hielt der russischen Führung im RBB vor, bisherige Versprechen nicht eingehalten zu haben. "Aber Putin ist im Amt. Wir müssen mit ihm zusammenarbeiten."
Begrenzte Einflussmöglichkeiten
Der Russland-Beauftragte der Bundesregierung, Andreas Schockenhoff (CDU), warf Putin einen "Rückfall in alte Muster" vor. Für eine deutsch-russische "Modernisierungspartnerschaft" müsse es dort mehr Rechtsstaatlichkeit und weniger Korruption geben. Der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Philipp Mißfelder, sieht Deutschlands Einflussmöglichkeiten auf den Kreml begrenzt. "Wir können, glaube ich, von hier aus relativ wenig ausrichten", sagte er im MDR.
EU spricht von "Mängeln" und hofft auf Reformen
Die Europäische Union forderte Russland auf, sich mit "Mängeln" bei der Wahl auseinanderzusetzen. Die EU teile den Eindruck der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), sagte eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton in Brüssel. Die OSZE hatte zuvor von Unregelmäßigkeiten in jedem drittem Wahllokal bei der Auszählung berichtet. Zugleich bekundete sie ihre Zuversicht, Putin werde Reformen vorantreiben.
EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso gratulierte Putin zunächst nicht zu dessen Wahl. Er werde dies zu einem Zeitpunkt und in einer Form tun, über die er selbst entscheide, sagte seine Sprecherin Pia Ahrenkilde Hansen.