Sarkozy zur EU-Ratspräsidentschaft "Ich bedaure nichts"
Als Frankreich vor einem halben Jahr die EU-Ratspräsidentschaft übernahm, legte dessen Präsident Sarkozy ein ehrgeiziges Programm vor. Doch die größten Herausforderungen kamen überraschend: Der Krieg in Georgien und die Finanzkrise. Jetzt zieht Sarkozy vor dem EU-Parlament Bilanz.
Der französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy zieht vor dem EU-Parlament Bilanz der sechsmonatigen französischen EU-Ratspräsidentschaft. Er hatte bereits ein ehrgeiziges Programm vorgelegt - zum Beispiel mit der Mittelmeerunion oder den Projekten "Pakt der Migration und Asyl" oder "Europa der Verteidigung" - aber dann kamen noch große Herausforderungen hinzu: der Georgien-Krieg, die Finanz- und die darauf folgende Wirtschaftskrise.
Waffenstillstand zwischen Moskau und Tiflis
Am fünften Tag des Georgien-Krieges war es Sarkozy gelungen, der russischen Führung einen Waffenstillstand abzuringen und damit ein Vorrücken russischer Panzer auf die georgische Hauptstadt Tiflis zu verhindern. Der von ihm zwischen Georgien und Russland vermittelte Sechs-Punkte-Plan erwies sich jedoch als problematisch, da die Formulierungen zu viel Spielraum lassen. So wird den EU-Beobachtern noch immer der Zugang zu den abtrünnigen georgischen Regionen Abchasien und Südossetien verweigert.
Wettlauf um Rettungsmaßnahmen
Die zweite große Herausfoderung der französischen Ratspräsidentschaft war die Finanz- und Wirtschaftskrise. Die EU-Mitgliedsländer lieferten sich einen Wettlauf um Milliardenpakete und Steuersenkungen, während Sarkozy eine Wirtschaftsregierung innerhalb der Euro-Gruppe vorschlug. Dies hätte jedoch eine Spaltung des EU-Binnenmarktes zur Folge gehabt.
Beim EU-Gipfel vergangene Woche in Brüssel verabschiedeten die 27 Mitgliedsstaaten dann ein Konjunkturpaket im Umfang von 200 Milliarden Euro. Und sie einigten sich trotz der Wirtschaftskrise auf das Festhalten am Klimaschutzpaket, allerdings mit Sonderregeln für Deutschland und Polen. Zudem sagten die Mitgliedsländer Irland unter dem Drängen Sarkozys zu, auch weiterhin einen ständigen EU-Kommissar zu stellen, um den Vertrag von Lissabon doch noch zu retten.
"Weniger Formalismus und weniger Snobismus"
Zum Ende des Gipfels erkärte Sarkozy, Europa brauche "weniger Formalismus und weniger Snobismus in den Verfahren". Es werde zu viel über Kleinigkeiten diskutiert: "Ich mag es nicht, bis zur Erschöpfung bis vier Uhr morgens über drei Erdnüsse zu verhandeln." Dennoch habe er die halbjährige Ratspräsidentschaft genossen: "Ich bedauere nichts", sagte Sarkozy in Brüssel. "Vielleicht" werde ihm der Job an der Spitze Europas auch fehlen - und der EU womöglich ein Ratspräsident wie Sarkozy. Am 1. Januar übernimmt Tschechien den Vorsitz in der Europäischen Union. Dessen Präsident hat vor seinem Amtssitz noch nicht einmal eine Europaflagge stehen.