Ungarns Ja zu NATO-Beitritt Schweden atmet auf
Auf dem langen Weg zur NATO-Mitgliedschaft ist Schweden endlich am Ziel - mit dem Ja Ungarns fehlen nun nur noch Formalitäten. Schwedens Regierungschef Kristersson war die Erleichterung deutlich anzumerken.
"Die Mitgliedschaft in der NATO bedeutet, dass wir nach Hause kommen. Nach Hause in die Sicherheitszusammenarbeit unserer Nachbarn, nach Hause in einen Kreis von Ländern, in dem wir in der Praxis schon seit geraumer Zeit heimisch sind. Wir werden die Freiheit zusammen mit jenen Ländern verteidigen, die uns geografisch, gefühlsmäßig und in Bezug auf unsere Werte am nächsten sind. Schweden geht mit einer Mischung aus Demut und Stolz in diese Allianz."
So äußerte sich der sichtlich erleichterte schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson - kurz nachdem das ungarische Parlament den Beitritt der Skandinavier zum Verteidigungsbündnis ratifiziert hatte.
Nicht alle Schwedinnen und Schweden waren von Anfang an überzeugt, als sich Schweden nach dem russischen Angriff auf die Ukraine im Mai 2022 um die NATO-Mitgliedschaft bewarb.
Doch jetzt sind viele froh, dass das Warten nach gut 21 Monaten ein Ende hat: "Ich finde es richtig, dass wir jetzt in die NATO kommen. Schweden ist zu klein, um allein dazustehen. Wir schaffen das nicht ohne Unterstützung. Ich finde die Grundidee der NATO - dass sie Frieden erhalten soll - auch eigentlich sehr schön", sagt eine Stockholmerin.
Und ein anderer sagt: "Ich finde das sehr gut. Wir haben zwar immer gesagt, wir sind neutral, aber trotzdem haben wir darauf vertraut, dass uns die USA oder die NATO im Falle eines russischen Angriffs retten würden. Das war ein wenig verlogen. Entweder oder!"
"Eine Art Entromantisierung der schwedischen Identität"
Für Schweden war die Entscheidung für die NATO keine einfache. Denn das Land war stets stolz auf 200 Jahre militärische Bündnisfreiheit, sagt Historiker Lars Trägårdh: "Jetzt müssen wir uns daran gewöhnen, als Mitglied der NATO und damit einer bestimmten Art von Bündnis gesehen zu werden, die eine bestimmte Verteidigungspolitik betreibt. Und das bedeutet eine Art Entromantisierung der schwedischen Identität."
Wirklich neutral war Schweden aber auch bislang nicht, sagen andere. Schon lange arbeitet das Land sehr eng mit der NATO zusammen, ist bei Übungen dabei.
Trotzdem werde sich mit der Mitgliedschaft nun noch einmal einiges ändern, meint Jacob Westberg, Professor an der schwedischen Universität für Verteidigung in Stockholm: "Schweden hat als NATO-Mitglied die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen und Prioritäten zu setzen. Bislang durften wir zwar bei bestimmten Besprechungen dabei sein und zuhören, aber wir hatten kein Recht darauf, unsere Meinung zu äußern. Ich glaube, Schweden und Finnland werden einen neuen Fokus auf den Ostseeraum legen - und darauf, wie man diesen gemeinsam verteidigen kann."
Schweden bringt einiges mit
Nicht nur Schweden hat auf den NATO-Beitritt hingefiebert. Auch das Verteidigungsbündnis erhofft sich große Vorteile. Denn die schwedische Luftwaffe und Marine gelten als stark. Schweden verfügt über moderne U-Boote, kennt die Ostsee so gut wie nur wenige andere.
Gerade die geografische Lage sei angesichts des russischen Kriegs in der Ukraine bedeutend, sagt Jonas Haggren, militärischer NATO-Repräsentant Schwedens: "Schweden wird eine Art Logistikzentrum für die nördliche NATO-Flanke werden. Wir werden verantwortlich dafür sein, Transportwege und die Ostseeregion mit Marine und Luftwaffe zu schützen. Außerdem wird erwartet, dass wir mit Verbänden im Baltikum und vielleicht auch in Finnland beitragen."
Bis Schweden auf dem Papier NATO-Mitglied ist, sind noch einige Unterschriften nötig. Aber für die Schwedinnen und Schweden überwiegt an diesem Tag wohl die Erleichterung darüber, dass eine lange Odyssee endlich dem Ende entgegengeht.