Fragen und Antworten Fall Skripal - was bislang bekannt ist
Im Fall Skripal sind bislang nur wenig Fakten bekannt. Dafür gibt es viele Indizien und Vorwürfe. Antworten auf die wichtigsten Fragen im Überblick.
Womit begründet London seinen Vorwurf an Moskau?
Das Attentat ist mit einem extrem gefährlichen Kampfstoff verübt worden, der zur Gruppe der Nowitschok-Nervengifte gehört. Sie wurden in der früheren Sowjetunion produziert. Premierministerin Theresa May sagte im Parlament, dass es für sie nur zwei mögliche Erklärungen gibt: Entweder hat Moskau das Attentat verübt, oder es hat die Kontrolle über die gefährliche Substanz verloren.
Welche Rolle kann die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OVCW) spielen?
Der Einsatz eines Nervengifts als Waffe ist ein Verstoß gegen die Chemiewaffenkonvention. Nach Artikel IX kann Großbritannien schon beim Verdacht darauf die OVCW einschalten. Die muss dann binnen 24 Stunden den betreffenden Staat, in diesem Falle Russland, um Aufklärung bitten. Russland hat dann zehn Tage Zeit, sich zu äußern. Die OVCW setzt sich für ein Verbot von Massenvernichtungswaffen ein und überwacht die Einhaltung der Chemiewaffen-Konvention, die den Besitz und den Einsatz chemischer Waffen verbietet. 192 Staaten sind dem Vertrag beigetreten und somit Mitglied der Organisation, darunter auch Russland.
Warum legt London keine Beweise vor?
Großbritannien hat die OVCW am 8. März erstmals über die Attacke informiert. Unklar ist aber, ob damit ein offizielles Verfahren nach Artikel IX eingeleitet wurde. Derzeit haben beide Seiten auf stur geschaltet. London sieht Moskau in der Erklärpflicht und stellte dem Kreml ein 24-Stunden-Ultimatum. Russland sprach von einer "Zirkusnummer" und ließ die Frist verstreichen. London begründet sein Verhalten gegenüber Moskau und der OVCW mit der nationalen Sicherheit. Zudem sei man der Konvention zufolge nicht verpflichtet, Proben des Giftes an Russland auszuhändigen. Denkbar ist, dass London nicht sein ganzes Wissen preisgeben will.
Was ist eigentlich Nowitschok?
Nowitschok ("Neuling") wurde in den 1970er- und 1980er-Jahren in der Sowjetunion als chemischer Kampfstoff entwickelt. Es soll rund 100 Varianten geben. Das als feines Pulver eingesetzte Gift besteht vermutlich aus zwei für sich harmlosen Komponenten, die beim Mischen hoch gefährlich werden. Es soll vielfach stärker wirken als herkömmliche militärische Giftgase. Ein beteiligter Wissenschaftler, Wil Mirsajanow, enthüllte 1992 die Existenz des Nowitschok-Programms. Er emigrierte 1994 in die USA.
Ist eine weitere Eskalation des Konflikts denkbar?
Der britische Verteidigungsminister Gavin Williamson sagte auf die Frage, ob es zu einem neuen Kalten Krieg kommen könnte: "Seien wir ehrlich, die Beziehungen sind nicht gerade gut, nicht wahr?" Zunächst wird es wohl bei der Ausweisung von Diplomaten bleiben. Sollte London aber russisches Staatseigentum, zum Beispiel zur Botschaft gehörende Gebäude, beschlagnahmen, dürfte auch Moskau entsprechend reagieren.
Was geschah damals mit Litwinenko?
Der abtrünnige Agent des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB wurde 2006 in London mit dem radioaktiven Stoff Polonium vergiftet. Vor seinem Tod machte er die Geschäftsleute Andrej Lugowoj und Dmitri Kowtun, ebenfalls Ex-Agenten, für die Tat verantwortlich. Britische Ermittlungen bestätigten diese Version. Aber beide leben heute unbehelligt in Russland. Moskau dementiert einen Anschlag.