Ölembargo der EU-Staaten Wie hart treffen Syrien die Sanktionen?
Die EU-Staaten werden einen Stopp der syrischen Öl-Importe beschließen. Sie reagierten damit auf Assads Repression gegen Demonstranten. Ein Schlag für die Wirtschaft Syriens, denn 95 Prozent der Öl-Ausfuhren gehen in die EU. Derweil verschärften die USA ihre Sanktionen gegen die Führung des Landes. Das Finanzministerium verbot US-Bürgern Geschäfte mit dem syrischen Außenminister Walid al Muallim. Sein Vermögen in den USA werde eingefroren, teilte das Ministerium weiter mit.
Von Ulrich Leidholdt, ARD-Hörfunkstudio Amman
Bricht das Assad-Regime nicht am Massenprotest auf seinen Straßen, sondern durch die Blockade seiner Ölverkäufe zusammen? So schnell sicher nicht. Tatsache ist: 95 Prozent der syrischen Ausfuhren gehen in die EU. Ein Zwangsstopp der Öl-Exporte wäre ein erheblicher Schlag für die syrische Wirtschaft. Die Einnahmen aus dem zuletzt florierenden Tourismus sind seit Beginn der Proteste vor mehr als fünf Monaten bereits auf Null gesunken, auch Handel und Auslands-Investitionen gingen stark zurück.
Andererseits verfügt die Regierung über Devisen-Milliarden aus dem bisherigen Öl-Geschäft. Die bilden im Falle eines Embargos durch die Europäer eine solide Reserve, bis neue Abnehmer für 150.000 Fass Export-Öl am Tag gefunden sind. Und die gibt es durchaus: China etwa, einer der engsten Verbündeten Syriens, das mit seinem Energiehunger auf neue Quellen nur so wartet. Auch andere asiatische Neu-Kunden oder Schnäppchen-Jäger sind vorstellbar. Denn klar ist, dass Syrien öl-technisch in der Zwickmühle sitzt. Da werden Interessenten das isolierte Land zwingen, mit seinen Öl-Preisen runterzugehen.
Sanktionen könnten langfristig zu Protesten führen
Das Assad-Regime wird die Folgen eines Embargos zwar spüren, aber darüber nicht bankrott gehen. Ein baldiger Zusammenbruch ist so nicht zu erwarten. Schon die internationale Finanzkrise hatte das Land nicht sonderlich erschüttert, weil seine Wirtschaft weitgehend in sich geschlossen und international weniger stark verflochten ist. Zwar haben US-Kreditkartenfirmen im Zuge der Sanktionen ihr Geschäft in Syrien eingestellt. Das trifft etwa verbliebene Ausländer, sie können kein Bargeld mehr aus Automaten ziehen. Ausländische Banken haben es da leichter: Sie leiten ihre Geldströme von syrischen Konten einfach um auf jene im benachbarten Libanon oder Jordanien.
So treffen Sanktionen zunächst kleine Leute. Syriens Handel mit Ländern der Region ist seit Beginn der Krise um 30 bis 40 Prozent gesunken. Ein zumindest zeitweiliger Stopp der bisher rund eineinhalb Milliarden Euro Einnahmen jährlich aus dem Öl lässt den Staat aber nicht unberührt. Er muss möglicherweise Leistungen für öffentlich Beschäftigte kürzen – immerhin 30 Prozent aller Syrer. Und ebenfalls 30 Prozent lebten bereits vor den Protesten unter der Armutsgrenze von weniger als zwei Dollar am Tag.
Öl bleibt da neben Überweisungen von Auslands-Syrern die wichtigste Einnahme für ein zunehmend isoliertes Regime. Der kurzfristige Effekt von Sanktionen mag gering ausfallen. Langfristig könnten fehlende Einnahmen aus dem Verkauf der wichtigsten syrischen Ressource auch Menschen zum Protest treiben, die bislang loyal zum System Assad standen oder schwiegen – staatlich Beschäftigte und erfolgreiche Geschäftsleute.