Einigung auf Gesetzesreform EU will Trinkwasserqualität verbessern
Weniger Schadstoffe und mehr Augenmerk auf Mikroplastik - das EU-Parlament hat sich mit den Mitgliedsstaaten auf eine Reform der Trinkwasserverordnung geeinigt. Demnach soll es auch mehr öffentliche Wasserspender geben.
Trinkwasser soll in der EU künftig qualitativ hochwertiger und besser verfügbar sein. Das EU-Parlament und die Mitgliedstaaten haben sich auf eine entsprechende Überarbeitung der EU-Trinkwasserrichtlinie geeinigt, wie die finnische EU-Ratspräsidentschaft mitteilte. Die Einigung sieht strengere Grenzwerte für Schadstoffe wie Blei und hormonverändernde Substanzen wie Bisphenol A vor.
Kommunen sollen zudem dazu verpflichtet werden, deutlich mehr öffentliche Trinkwasserspender anzulegen. Auch der Gehalt von winzigen Plastikteilchen - sogenanntem Mikroplastik - im Leitungswasser soll erstmals überwacht werden. Dafür wird zunächst ein Verfahren zur Messung von Mikroplastik festgelegt.
Die europäische Chemikalienagentur stuft Bisphenol A (oder auch BPA) als "besonders besorgniserregend" ein. Das liegt vor allem daran, dass BPA eine hormonähnliche Wirkung hat. Im Körper wirkt es wie Östrogen und kann daher die Fruchtbarkeit beeinträchtigen. In Tierversuchen ist ein schädigender Einfluss auf die Geschlechtsorgane, vor allem bei Männchen, bereits nachgewiesen.
Die Chemikalie kommt in zahlreichen Alltagsprodukten vor. Sie ist beispielsweise in Plastikflaschen, Spielzeug oder als Expoxidharz in der Innenbeschichtung von Konservendosen enthalten. Auch in Thermopapier - also etwa in Kassenbons aus dem Supermarkt - ist BPA enthalten und kann allein über den Hautkontakt in den Körper migrieren. Allerdings müssen Händler ab 2020 BPA-freies Papier verwenden.
Mehr Leitungswasser, weniger Plastikflaschen
Von der Einigung erhoffe sie sich unter anderem, "dass die Menschen mehr Leitungswasser trinken und der Konsum von Einwegplastikflaschen zurückgeht", erklärte Ulrike Müller, EU-Abgeordnete der Freien Wähler. "Sauberes Trinkwasser bedeutet Verbraucher- und Umweltschutz zugleich", konstatierte der Grünen-Abgeordnete Sven Giegold. Das EU-Parlament hatte noch strengere Grenzwerte und Vorschriften gefordert, die von den Unterhändlern der Mitgliedstaaten jedoch abgeschwächt wurden.
Teil der Reform ist der Plan, mehr öffentliche Wasserspender zu installieren.
Der CDU-Abgeordnete Peter Liese begrüßte dies: "Gerade für kleine Wasserwerke ist es wichtig, dass der Messaufwand nicht zu groß wird." Die Wasserwerke sind mit dem erzielten Kompromiss ebenfalls zufrieden: "Die Einigung wird in Europa erheblich dazu beitragen, dem Trinkwasser den Wert beizumessen, den es verdient", erklärte der Verband kommunaler Unternehmen (VKU), der nach eigenen Angaben die wichtigsten Trinkwasserversorger in Deutschland vertritt.
Bürgerinitiative mit Millionen Unterstützern
Die neuen Vorschriften erneuern eine Richtlinie aus dem Jahr 1998 und berücksichtigen dabei die jüngsten Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Der Gesetzesentwurf ging auf die Europäischen Bürgerinitiative "Right2Water" zurück, die von 1,9 Millionen Bürgern - unter ihnen mehr als eine Million Deutsche - unterstützt worden war. Sie forderten in einer Petition für alle EU-Bürger Zugang zu sauberem Leitungswasser.
Die Einigung der Unterhändler muss noch formal vom EU-Parlament und den Mitgliedstaaten bestätigt werden. Dann folgt eine Umsetzungsfrist, so dass die Vorschriften voraussichtlich im Frühjahr 2022 gelten.