Umstrittene Ostsee-Pipeline US-Sanktionen gegen Nord Stream 2 in Kraft
US-Präsident Trump hat ein Gesetz unterzeichnet, das Sanktionen gegen Nord Stream 2 beinhaltet. Ein Unternehmen stoppte daraufhin die Arbeit. Die Bundesregierung spricht von einer "Einmischung in innere Angelegenheiten".
Die USA wollen die Gaspipeline Nord Stream 2 kurz vor der Fertigstellung stoppen und haben trotz des Widerstands Deutschlands Sanktionen gegen beteiligte Firmen erlassen. US-Präsident Donald Trump unterzeichnete am Abend auf einer Luftwaffenbasis bei Washington ein Gesetzespaket zum Verteidigungshaushalt.
Das Sanktionsgesetz gegen Nord Stream 2 ist Teil des Pakets und trat mit Trumps Unterschrift in Kraft. Der Kreml geht allerdings nicht davon aus, dass die Fertigstellung der Pipeline von Russland nach Deutschland noch zu verhindern ist. Die US-Strafmaßnahmen des "Gesetzes zum Schutz von Europas Energiesicherheit" zielen auf die Betreiberfirmen der hoch spezialisierten Schiffe ab, mit denen die Rohre für die Pipeline durch die Ostsee verlegt werden.
Die US-Regierung hat nun 60 Tage Zeit, um eine Liste mit den Namen der betroffenen Firmen und Individuen zu erstellen. Auch gegen die Pipeline TurkStream, die von Russland über das Schwarze Meer in die Türkei führt, erließen die USA Sanktionen.
Allseas setzt Arbeit an der Pipeline aus
Washington argumentiert, dass sich Deutschland mit der Pipeline in Abhängigkeit von Moskau begeben würde. Ins Visier der USA ist die Schweizer Firma Allseas geraten. Zwei prominente US-Senatoren forderten den Offshore-Pipelinespezialisten zum sofortigen Stopp der Arbeiten auf. Das für die Verlegung von Rohren zuständige Unternehmen reagierte und setzte seine Arbeit an der Ostsee-Erdgas-Pipeline angesichts der US-Sanktionen aus.
Nord Stream 2 soll vom kommenden Jahr an unter Umgehung von Polen und der Ukraine Gas von Russland nach Deutschland liefern. Bislang wurden nach Angaben des Nord-Stream-2-Konsortiums mehr als 2100 Kilometer des Doppelstrangs in der Ostsee verlegt, rund 300 Kilometer fehlen noch.
Bundesregierung spricht von "Einmischung"
Die deutsche Bundesregierung bedauerte das Inkraftreten der US-Sanktionen. Die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer sagte, man lehne derartige extraterritoriale Sanktionen ab. "Sie treffen deutsche und europäische Unternehmen und stellen eine Einmischung in unsere inneren Angelegenheiten dar."
Mit Blick auf die laufenden russisch-ukrainischen Gespräche zum Transit russischen Gases durch die Ukraine seien die Maßnahmen, "die insbesondere mit dem Schutz der Ukraine begründet werden, besonders unverständlich", so die Sprecherin weiter. Zwischen der Ukraine und Russland sei mit Unterstützung der Europäischen Kommission sowie der Bundesregierung eine Grundsatzvereinbarung über einen neuen Gastransitvertrag über die Ukraine ab 2020 erzielt worden.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte die geplanten Sanktionen am Mittwoch im Bundestag kritisiert und den USA Gespräche angeboten. "Ich sehe keine andere Möglichkeit, als Gespräche zu führen, aber sehr entschiedene Gespräche, dass wir diese Sanktionen nicht billigen", sagte Merkel. Sie stellte klar: "Wir sind gegen extraterritoriale Sanktionen."
"Erpresserischen Methoden nicht beugen"
Auch SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich kritisierte die US-Sanktionen scharf. Der US-Kongress habe mit seinem Sanktionsbeschluss bereits erheblich in die energiepolitische Souveränität der Europäischen Union eingegriffen. Die unmittelbare Inkraftsetzung durch Trump sei nun ein zusätzlicher Schritt, der das transatlantische Verhältnis weiter belasten werde.
"Dass Präsident Trump seine Unterschrift mit der medienwirksamen Zurschaustellung militärischer Stärke auf einem Luftwaffenstützpunkt inszeniert, ist völlig unangemessen", sagte Mützenich. "Die EU und Deutschland sind für Trump offenbar keine verbündeten Partner, sondern tributpflichtige Vasallen." Eigenständigkeit werde sanktioniert. "Diesen erpresserischen Methoden werden wir uns nicht beugen."
Pompeo unterstreicht US-Position in Telefonat mit Maas
Nach Angaben des US-Außenministeriums besprach Bundesaußenminister Heiko Maas das Thema am Freitag mit seinem US-Kollegen Mike Pompeo. Dieser habe seinen "entschiedenen Widerstand" gegen das Projekt bekräftigt, teilte das State Department mit.
Maas hatte das Votum des US-Repräsentantenhauses für die Sanktionen in der vergangenen Woche scharf kritisiert. "Die europäische Energiepolitik wird in Europa entschieden, nicht in den USA", erklärte er. Auch die EU-Kommission verwahrte sich gegen Sanktionen. "Die Sanktionen kommen nicht überraschend, sondern mit Ansage", sagte der Transatlantikkoordinator der Bundesregierung, Peter Beyer (CDU). Der US-Kongress sei der Meinung, dass "(wir) uns abhängig machen vom russischen Öl und vom russischen Gas". Den USA gehe es aber "natürlich auch darum, das eigene Flüssiggas abzusetzen".
Keine Gegenmaßnahmen
Dennoch wird die Bundesregierung laut Beyer nicht mit Gegenmaßnahmen auf die US-Sanktionen reagieren. Die Strafmaßnahmen würden sich nicht gegen Deutschland, sondern gegen privatwirtschaftliche Unternehmen richten, sagte der CDU-Politiker. "Deshalb wird Deutschland keine Gegenmaßnahmen einleiten. Wenn, müsste dies sowieso auf europäischer Ebene geschehen, aber auch das wird nicht passieren."
Das vom russischen Gazprom-Konzern angeführte Projekt Nord Stream 2 stößt derweil auch in Teilen Europas auf Kritik. Befürchtet wird vor allem eine Schwächung alternativer Pipelines und traditioneller Transitländer, etwa der Ukraine. Befürworter der Pipeline argumentieren hingegen, diese erhöhe die Energiesicherheit in Europa und sorge für günstige Energiepreise - auch im Vergleich zum teureren Flüssiggas aus den USA.