Erdogan ist wieder AKP-Mitglied Neutralität war gestern
Der türkische Präsident Erdogan ist wieder Mitglied der Regierungspartei AKP. Er hatte die Partei verlassen, weil er als Präsident zu politischer Neutralität verpflichtet war. Seit dem Verfassungsreferendum ist er es nicht mehr. In seiner Rede drohte Erdogan der EU.
Zwei Wochen nach dem umstrittenen Verfassungsreferendum in der Türkei ist Präsident Recep Tayyip Erdogan in die regierende Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) zurückgekehrt. Auf einem Sonderparteitag am 21. Mai will er sich auch wieder zum Parteivorsitzenden wählen lassen.
Die Ankunft des Erdogan-Konvois vor der AKP-Zentrale, die mit einem riesigen Porträt des Präsidenten dekoriert war, wurde live im Fernsehen übertragen. Nachdem Erdogan ein Dokument unterzeichnet hatte, das seine Rückkehr in die Partei besiegelt, brachen die Hunderten Parteimitglieder im Saal in Applaus aus und stimmten die Nationalhymne an.
Präsident war zu Neutralität verpflichtet
Erdogan hatte die islamisch-konservative Partei 2001 mitbegründet. Nach seiner Wahl ins Präsidentenamt im August 2014 hatte er sie jedoch verlassen müssen, da er gemäß der Verfassung als Staatschef zu politischer Neutralität verpflichtet war. Diese Bestimmung wurde nun aber aufgehoben: Anders als die meisten anderen Verfassungsreformen trat die Bestimmung zur Parteizugehörigkeit umgehend in Kraft.
Die Zustimmung beim Referendum war trotz der massiven Mobilisierung der AKP knapper ausgefallen als von Erdogan erhofft. Selbst in traditionellen AKP-Hochburgen gab es nur eine knappe Mehrheit. Berichten zufolge ist Erdogan mit vielen AKP-Politikern unzufrieden. Es wird auch mit einer umfassenden Umbildung des Kabinetts gerechnet.
"Auf Wiedersehen"
Erdogan nahm in seiner Rede in der AKP-Zentrale auch Stellung zu den seit längerem stockenden EU-Beitrittsgesprächen. Ohne die Eröffnung neuer Kapitel im EU-Beitrittsprozess würde die Türkei der Europäischen Union den Rücken kehren. "Ihr habt keine andere Wahl, als Kapitel zu eröffnen, die ihr noch nicht eröffnet habt", sagte Erdogan. Andernfalls heiße es "Auf Wiedersehen".
Die Beziehungen zu den EU-Staaten waren im Wahlkampf für das umstrittene Verfassungsreferendum vom 16. April auf einen Tiefpunkt gesunken. Erdogan überzog Deutschland und die Niederlande mit Nazi-Vorwürfen, nachdem dort Auftritte türkischer Minister abgesagt worden waren. Zudem bezeichnete er Europa als "verrottenden Kontinent" und kündigte an, nach dem Volksentscheid das Verhältnis zur EU zu überprüfen. Erdogan wirft dem Staatenbund regelmäßig vor, die Türkei seit einem halben Jahrhundert an seiner Tür warten zu lassen.
Die EU verlangt dafür aber eine Rückkehr zum Reformkurs. Zuletzt mehrten sich bei den EU-Staaten zudem Forderungen nach einem Abbruch der Beitrittsgespräche, da diese angesichts der Aushöhlung von Demokratie, Bürgerrechten und Rechtsstaatlichkeit in der Türkei nicht länger zu rechtfertigen seien.