Strafsteuer in Ungarn Wer Flüchtlingen hilft, muss zahlen
Mit einer Strafsteuer für NGOs verschärft Ungarn seine Flüchtlingspolitik erneut. Für Aufregung sorgt zugleich ein Bericht, das Land habe heimlich Migranten aufgenommen.
Die ungarische Regierung beabsichtigt, knapp drei Monate vor den Parlamentswahlen am 8. April ihre restriktive Flüchtlingspolitik nochmals zu verschärfen. Innenminister Sandor Pinter kündigte in Budapest ein dreiteiliges Gesetzespaket an, das unter anderem vorsieht, Flüchtlingsorganisationen zu besteuern, die den überwiegenden Teil ihrer Einnahmen aus dem Ausland beziehen. Darunter fallen nahezu alle ungarischen Menschenrechts- und Asylhilfe-Organisationen, die sich um Flüchtlinge kümmern.
Regierungssprecher Zoltan Kovacs nannte den legislativen Vorstoß mit Blick auf den ungarischstämmigen US-Milliardär George Soros ein "Stop-Soros-Gesetzespaket". Gegen den 87-Jährigen führt die Regierung von Ministerpräsident Viktor Orban seit Monaten eine massive Kampagne. Sie wirft Soros vor, er unterstütze Zivilorganisationen, um Europa mit Flüchtlingen zu "überschwemmen".
Das Gesetzespaket umfasse drei Gesetzentwürfe, so Kovacs. Das werde die Öffentlichkeit in den kommenden Tagen erkennen. "Die Regierung hat im Zuge der nationalen Konsultation Meinungen eingeholt und gemacht, was sie machen konnte."
Details bisher noch unklar
Am Donnerstag will die Regierung den eigentlichen Gesetzestext vorlegen, daher bleiben die Details bislang unklar. Aus dem schriftlich verteilten Positionspapier geht unter anderem hervor, dass sich Nichtregierungsorganisationen registrieren lassen müssten, sofern diese "illegale Migration" unterstützten. Zum zweiten Gesetz des Pakets sagte Innenminister Pinter: "Mit einem anderen Gesetz möchten wir erreichen, dass NGOs, die aus dem Ausland größere finanzielle Unterstützung bekommen als aus Ungarn - egal, ob sie von Privatpersonen oder Organisationen kommt - eine Gebühr bezahlen sollen. Diese Gebühr wird 25 Prozent der Auslandsförderung sein."
Ferner beabsichtigt die Orban-Regierung, dass Aktivisten der Zugang zum Grenzgebiet untersagt werden kann, sofern sie sich bis auf acht Kilometer der EU-Außengrenze Ungarns nähern sollten. Kovacs fügte in diesem Zusammenhang hinzu, dass Ausländern unter Umständen der Zutritt ins Land insgesamt verwehrt werden könne. Seit Tagen spekulierten regierungstreue Medien in Ungarn darüber, ob Ministerpräsident Orban seinem Intimfeind Soros die Einreise in dessen Heimatland verweigern wolle. Soros, der vor dem Aufstand von 1956 zunächst nach Großbritannien und anschließend in die USA emigriert war, hat neben der amerikanischen auch die ungarische Staatsbürgerschaft.
"Wir möchten Personen, an erster Stelle die Ausländer, daran hindern, dass sie an der illegalen Migrationsförderung teilnehmen", sagte Innenminister Pinter. "Deswegen werden wir eine neue Institution einführen: das fremdenpolizeiliche Fernhalten." Das werde dafür sorgen, dass man ausländische Staatsbürger fernhalten könne. "Ungarische Staatsbürger können wir nur von der Schengener Grenze in einem acht Kilometer breiten Gürtel fernhalten."
1300 Flüchtlinge heimlich aufgenommen?
Für zusätzliches innenpolitisches Aufsehen sorgt zudem nach Angaben der österreichischen Nachrichtenagentur APA das Eingeständnis eines hohen Beamten des ungarischen Außenministeriums, wonach Ungarn im vergangenen Jahr "heimlich" 1300 Flüchtlinge aufgenommen habe. Dies sei damals nicht veröffentlicht worden, um "die Begünstigten nicht in Gefahr" zu bringen.
90 Prozent dieser Flüchtlinge hätten das Land bereits wieder verlassen, erklärte die Regierung in einer Stellungnahme. Der Vorsitzende des Parlamentsausschusses für Nationale Sicherheit, der sozialistische Abgeordnete Zsolt Molnar, verlangte umgehend Aufklärung von Orban. Es sei "inakzeptabel", dass die Regierung heimlich und ohne Wissen der ungarischen Bürger Flüchtlinge ins Land hole, während sie gleichzeitig einen blindwütigen Kampf gegen die Flüchtlingsverteilung in Europa führe.