Universitäten in Ungarn "Ein Schritt gegen freie Bildung"
Ungeachtet internationaler Proteste hat das ungarische Parlament ein Gesetz verabschiedet, das die Central European University in Budapest zur Schließung zwingen würde. Angestellte und Studenten wehren sich.
Von Ralf Borchard, ARD-Studio Wien
Seit Tagen sorgen die Pläne für das neue Hochschulgesetz in Ungarn und darüber hinaus für Proteste. Am Sonntag demonstrierten Tausende Studenten und Professoren in Budapest für den Erhalt der Central European University (CEU). Schneller als erwartet brachte die Regierung von Viktor Orban das Gesetz nun mit der Mehrheit seiner Fidesz-Partei durch das Parlament.
Bernadett Szel von der oppositionellen grün-liberalen Partei LMP kündigte am Rande der Abstimmung an, vor das Verfassungsgericht zu ziehen: "Das Gesetz ist ganz klar eine Attacke auf die CEU. Aber es geht darüber hinaus. Es geht um die Freiheit der Bildung, die Autonomie des akademischen Bereichs insgesamt. Damit überschreitet die Regierung eine rote Linie."
Die CEU wurde 1991 vom in Ungarn geborenen US-Milliardär George Soros gegründet. Die CEU hat weltweit einen exzellenten Ruf. 1400 Studierende aus mehr als 100 Ländern sind in Master- und PhD-Studiengängen eingeschrieben. Auch die Professoren kommen aus aller Welt.
Die Uni wehrt sich
Bei einer Pressekonferenz, einberufen nach dem Parlamentsbeschluss, betonte der ungarische Vize-Rektor Liviu Matei, die Universität wolle sich wehren: "Die Regierung will die Universität schließen, es für die CEU unmöglich machen, in diesem Land weiter zu arbeiten. Das wird nicht passieren."
Rektor Michael Ignatieff, ein Kanadier, ist aus Washington zugeschaltet, er wirbt dort um Unterstützung durch die US-Regierung: "Das jetzt verabschiedete Gesetz ist noch schlimmer als der Entwurf von vergangener Woche. Es verkürzt die Einspruchsfristen auf absurde Weise", so Ignatieff. "Ich werde den ungarischen Staatspräsidenten Janos Ader bitten, das Gesetz zu überprüfen. Die CEU wird weitermachen. Wir wollen in Budapest bleiben."
"Ein Schritt gegen liberales Denken"
Die ungarische Regierung hatte vergangene Woche betont, das Gesetz sei gar nicht speziell gegen die CEU gerichtet, sondern solle gerechte Bedingungen unter allen Universitäten in Ungarn schaffen.
"Es geht um technische Regeln für den Universitätsbetrieb, es ist kein Anti-CEU-Gesetz. Aber eines ist sicher: Alle sollen ungarische Gesetze einhalten, egal, ob es sich um eine ungarische oder ausländische Universität handelt", erklärte Bildungsstaatssekretär Laszlo Palkovics.
Doch klar ist auch: Regierungschef Viktor Orban attackierte immer wieder George Soros und stilisierte ihn zu einer Art Staatsfeind - auch weil Soros Menschenrechtsaktivisten und Organisationen zur Flüchtlingshilfe in Ungarn finanziert.
Eine amerikanische Studentin in Budapest sagte zur geplanten Schließung: "Es ist ähnlich wie das, was derzeit in den USA passiert, unter Präsident Donald Trump. Es werden Dinge geschlossen oder gestoppt, unter dem Vorwand, sie würden gegen Regeln verstoßen. Dabei ist völlig klar, dass sie das nicht tun. Es ist ganz klar ein Schritt gegen liberales Denken, freie Bildung. Aber am Ende wird es Ungarn schaden, auch der ungarischen Wirtschaft."