Vergewaltigungsprozess Weinstein schuldig gesprochen
Im Vergewaltigungsprozess gegen Harvey Weinstein hat die Jury den ehemaligen Hollywood-Mogul wegen Sexualverbrechen schuldig gesprochen. In manchen Punkten aber sprach sie ihn frei.
Nach tagelangen Beratungen fällte die Geschworenenjury am Obersten New Yorker Gericht ihr Urteil: Sie verurteilte Harvey Weinstein in zwei von fünf Anklagepunkten - wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung.
In anderen Anklagepunkten sprach die Jury Weinstein allerdings frei. Sie betreffen etwa die Frage, ob Weinsteins Verhalten - wie es im Gesetzestext heißt - "raubtierhaft" gewesen sei.
Komplizierter juristischer Hintergrund
Der Hintergrund ist juristisch kompliziert. Weinstein wurde in dem Prozess zur Last gelegt, 2006 einer Produktionsassistentin Oralsex aufgezwungen und 2013 eine Jungschauspielerin vergewaltigt zu haben. Aus den Vorwürfen wurden fünf Anklagepunkte abgeleitet: Zwei Anklagepunkte zu Vergewaltigung mit unterschiedlicher Schwere, ein Anklagepunkt zu einer kriminellen sexuellen Tat - konkret der Oralsex - sowie zwei Anklagepunkte zu wiederholten sexuellen Attacken ("raubtierhaft").
Die letzten beiden Anklagepunkte hätten Weinstein als Wiederholungstäter gebrandmarkt und eine lebenslange Haftstrafe nach sich ziehen können. Nun droht Weinstein "nur" eine mehrjährige Freiheitsstrafe. Die Jury befand ihn zudem lediglich der Vergewaltigung in einem minder schweren Fall schuldig, nicht der schweren Vergewaltigung.
Das Strafmaß soll am 11. März verkündet werden. Bis dahin muss der 67-Jährige in Haft. Der New Yorker Richter James Burke lehnte einen Antrag von Weinsteins Anwälten ab, den einstigen Hollywood-Mogul wegen gesundheitlicher Probleme gegen Kaution auf freiem Fuß zu lassen. Weinstein soll aber in einer Krankenstation untergebracht werden.
Staatsanwaltschaft lehnt gemischtes Votum ab
Auf das "Raubtierhafte" hatte vor allem die Staatsanwaltschaft in ihrem Plädoyer abgehoben. Die Jury konnte sich aber nicht darauf verständigen. Noch am Samstag hatten die Geschworenen bei Gericht ein unentschiedenes Votum erbeten (einig in drei Anklagepunkten, uneins in zweien), was jedoch von der Staatsanwaltschaft abgelehnt worden war. Nun also die Einigung darauf, die zwei folgenreichsten Anklagepunkte fallen zu lassen.
Dem Bezirksstaatsanwalt Cyrus Vance zufolge ist eine Haftstrafe von bis zu 25 Jahren möglich. Er lobte die Entscheidung der Jury. "Dieser Tag ist ein großer Tag", sagte er im Gericht. Zwar sei Weinstein nicht in allen Anklagepunkten verurteilt worden, "aber ich bin in keinem Fall unzufrieden". Das Urteil der zwölf Geschworenen sei zu respektieren und habe eine Signalwirkung für Opfer sexueller Gewalt, dass die Justiz ihnen glaube. "Ich hoffe, Frauen werden die Bedeutung dieses Urteils heute verstehen."
Weinsteins Anwälte kündigen Berufung an
Das Anwaltsteam von Harvey Weinstein will den Schuldspruch gegen den Ex-Filmproduzenten nicht akzeptieren. Sein Anwalt Arthur Aidala sagte: "Es ist so sicher wie dass ich ein glatzköpfiger Mann bin, dass wir in Berufung gehen werden." Weinsteins Anwältin Donna Rotunno sagte, der Angeklagte sei "enttäuscht" über das Urteil, er sei aber "psychisch stark".
Auslöser der "MeToo"-Bewegung
Der Prozess gilt als Meilenstein der MeToo-Ära, die von dem Fall ausgelöst wurde. Weinstein hat nun die Möglichkeit, Berufung gegen die Entscheidung einzulegen. Einer seiner Anwälte hatte das gegenüber der Deutschen Presse-Agentur für den Fall einer Verurteilung bereits angekündigt.
In den vergangenen Wochen hatte die Staatsanwaltschaft in dem Verfahren versucht, mithilfe von insgesamt sechs Hauptzeuginnen in teils drastischer Detailtiefe ein Muster Weinsteins offenzulegen - das eines Mannes, der seine Macht in der Filmindustrie systematisch ausnutzte, um sich junge Frauen gefügig zu machen; eines Mannes, der Frauen für Sex Karrierehilfe versprach und sie bei einem Nein zum Geschlechtsverkehr zwang.
Die Verteidigung hingegen hatte den Zeuginnen eine Mitschuld gegeben und Weinstein in einer Opferrolle dargestellt. Frauen hätten ihn über Jahrzehnte wegen seines Einflusses und Geldes ausgenutzt und seien sich ihrer Handlungen und Signale an ihn bewusst gewesen. Jeglicher Sex habe einvernehmlich stattgefunden.
Der Prozess hatte von Anfang an gegen eine mögliche Vorverurteilung des Angeklagten wegen der breiten gesellschaftlichen Debatte und der intensiven Berichterstattung in den vergangenen Jahren zu kämpfen. Bei der Auswahl der Geschworenen zu Beginn des Verfahrens erklärten sich auffallend viele der potenziellen Kandidaten von vornherein für befangen.