Europawahl 2024
Reaktionen auf Wahlergebnis Der Druck auf Scholz wächst
Der französische Präsident ruft Neuwahlen aus - und auch in Deutschland gibt es Stimmen, die diesen Schritt vom Kanzler fordern. Nun hat sich Scholz erstmals selbst zum Ergebnis der Europawahl geäußert.
Eigentlich soll es um die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Chile gehen, als der Kanzler am Abend mit dem Präsidenten des südamerikanischen Landes vor die Kameras tritt. Doch es dauert nicht lange, bis die Hauptstadtpresse Olaf Scholz auf die Europawahl anspricht - und auf das Abschneiden der Ampel-Parteien.
"Das Wahlergebnis war für alle drei Regierungsparteien schlecht", sagt der SPD-Politiker. "Keiner ist gut beraten, der gleich zur Tagesordnung übergehen will. Gleichzeitig geht es aber auch darum, dass wir unsere Arbeit machen, das muss jetzt für alle der Maßstab sein, sich anzustrengen und die Aufgaben zu lösen, vor denen wir stehen."
Söder forderte Neuwahl
Es ist eine Ermahnung an SPD, Grüne und FDP, daran zu arbeiten, wieder beim Wähler anzukommen mit Blick auf die Bundestagswahl im kommenden Jahr. Scholz macht klar: Er will nicht rütteln an der Ampelkoalition, lässt Kritik nicht an sich heran - wie die des bayerischen Ministerpräsidenten und CSU-Chefs Markus Söder, der dem Kanzler am Nachmittag das Misstrauen ausgesprochen hatte.
"Olaf Scholz ist König Olaf ohne Land", sagte Söder. "Er hat keine Legitimation mehr, es gibt kein Vertrauen der Bevölkerung in ihn. Deshalb ist die logische Konsequenz: Neuwahl, Vertrauensfrage und am Ende Rücktritt."
Soweit geht selbst Friedrich Merz nicht, der Vorsitzende der Schwesterpartei CDU. Die Ampel-Partner sowieso nicht. Die Spitzen von SPD, Grünen und FDP stellen sich demonstrativ hinter Scholz und betonen: Sie vertrauen ihm.
"Wir haben einen gemeinsamen Regierungsauftrag", sagte FDP-Chef Christian Lindner am Abend im ARD-Brennpunkt. "Und wir werden ja unser Land nicht einfach so in eine unvorhersehbare und chaotische Situation führen. Wenn man das Land gestalten kann, sollte man das auch seriöserweise tun."
FDP zeigt Selbstbewusstsein
Allerdings stellt Lindner Bedingungen, er spricht von Ordnung und Kontrolle bei der Einwanderung. Und: Deutschland müsse wirtschaftlich wieder erfolgreich werden. Gleichzeitig pocht Lindner auf die Schuldenbremse und stellt klar: keine neuen Steuern.
Der kleinste Koalitionspartner FDP zeigt das größte Selbstbewusstsein, hat er schließlich auch die wenigsten Stimmenverluste zu verzeichnen - im Vergleich zu den zwei anderen Regierungsparteien.
Grünen-Co-Chefin Ricarda Lang fordert vor allem, dass der ewige Streit innerhalb der Koalition aufhört. "Es kann kein 'Weiter so!' geben", sagte sie. Man brauche Antworten auf der Höhe der Zeit für die Herausforderungen dieser Zeit. "Und wir bleiben davon überzeugt: Dafür braucht es starke Grüne. Und zu dieser Stärke wollen wir wieder zurückkehren."
Haushaltsverhandlungen als Bewährungsprobe
Zurück zu alter Kraft - für alle Ampel-Parteien dürfte das die große Herausforderung werden. In den kommenden Wochen stehen Haushaltsverhandlungen an. Das dürfte zur Bewährungsprobe werden, die sich um die zentrale Frage dreht: Können die Ampel-Parteien überhaupt noch Kompromisse finden?
Der Kanzler hält das offenbar weiter für möglich und will die Legislaturperiode planmäßig zu Ende bringen.