Zwei Frauen küssen sich auf der Zuschauertribüne des Bundestages.

Partei will Klage prüfen AfD kann nicht gegen Ehe für alle klagen

Stand: 02.07.2017 17:37 Uhr

Mit der Ankündigung, man prüfe eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Ehe für alle, hat es die AfD in viele Medien geschafft. Allerdings ist die Partei gar nicht antragsberechtigt.

Von Patrick Gensing, tagesschau.de

Die Ehe für alle ist demokratisch beschlossen worden, aber ihre Gegner wollen noch lange nicht aufgeben. Die AfD kündigte bereits direkt nach der Entscheidung im Bundestag an, man wolle eine Klage prüfen.

Nun legte Parteivize Alexander Gauland in der "Bild am Sonntag" nach:

Wir prüfen derzeit eine Klage beim Bundesverfassungsgericht. Ich bin für einen solchen Schritt.

Die "Bild am Sonntag" berichtete weiter, Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) räume einer Verfassungsklage Chancen ein.

AfD nicht antragsberechtigt

Allerdings kann die AfD gar nicht vor das Bundesverfassungsgericht ziehen, weil sie schlicht nicht antragsberechtigt ist. Entweder müssten einzelne Bürger für eine Klage in Karlsruhe darlegen, dass sie in ihren Grundrechten verletzt würden - was bei der Ehe für alle wenig plausibel erscheint - oder es müsste eine abstrakte Normenkontrolle beantragt werden. Dieser Antrag kann laut Bundesverfassungsgericht allerdings nur von der Bundesregierung, einer Landesregierung oder eines Viertels der Mitglieder des Bundestages gestellt werden. Die AfD ist aber weder Teil einer Landesregierung, noch im Bundestag vertreten.

Mit der abstrakten Normenkontrolle kann geprüft werden, ob Normen des Bundes- oder Landesrechts mit dem Grundgesetz vereinbar sind. Theoretisch denkbar ist, dass eine konservative Landesregierung oder ein Viertel der Bundestagsabgeordneten eine solche Kontrolle beantragen.

Experten: Ehe für alle verfassungsgemäß

Allerdings meinen führende deutsche Juristen, die Ehe für alle sei verfassungsgemäß. Christoph Degenhart, Professor für Öffentliches Recht an der Universität Leipzig, sagte der "Rheinischen Post", er könne sich vorstellen, "dass das Bundesverfassungsgericht pragmatische Lösungen sucht, um das Gesetz zu halten".

Frauke Brosius-Gersdorf, Professorin für Öffentliches Recht an der Universität Hannover, sagte der Zeitung, die Ehe für alle stehe mit Artikel 6 in Einklang: "Ich bin zuversichtlich, dass das hält." Da die Ehe nirgends definiert sei, habe der Gesetzgeber einen "sehr großen Gestaltungsspielraum". "Dass die Ehe auch zwischen zwei gleichgeschlechtlichen Partnern geschlossen werden kann, stand 1949 nicht zur Debatte", sagte Brosius-Gersdorf. "Es wurde damit aber auch nicht ausdrücklich ausgeschlossen." Auch der Berliner Staatsrechtler Christoph Möllers erklärte, es gebe im Grundgesetz "sicherlich kein Diskriminierungsgebot". Entweder verstehe man den Ehe-Artikel "entwicklungsoffen". "Oder er ist traditionell, dann gebietet er Schutz, aber deswegen keine Schlechterstellung anderer Zweierbeziehungen zwischen Personen", sagte der Professor für Öffentliches Recht an der Humboldt-Universität.