Essener Tafel Fake über Merkel erfolgreichster Artikel
Ein Fake über eine angebliche Aussage von Kanzlerin Merkel hat in den sozialen Netzwerken enorme Verbreitung gefunden. Merkel soll gesagt haben, Flüchtlinge seien zu bevorzugen.
Von Patrick Gensing, tagesschau.de
Fake News finden in Deutschland enorme Verbreitung, das zeigt ein aktuelles Beispiel. Die Seite "Meedia" berichtet, der erfolgreichste "Artikel" in Sachen Interaktionen bei Facebook sei am Dienstag kein journalistischer gewesen - sondern eine Lüge über eine angebliche Aussage von Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Der anonyme Autor titelte demnach auf der rechtsextremen Seite "Halle-Leaks": "Laut Merkel ist Flüchtlingen bei den Tafeln unbedingter Vorrang zu geben - wir luden sie ein" und verbreitete damit eine Unwahrheit. Denn als Quelle für die angebliche Merkel-Meldung wird unter dem kurzen Text die Quelle "zeit.de" genannt. Dort wird aber lediglich vermeldet, dass die Kanzlerin "Kategorisierungen" wie die im Fall der Essener Tafel ablehne. Dass man "Flüchtlingen unbedingten Vorrang" geben solle, so "Meedia" weiter, sei "eine Erfindung des rechten Hetz-Blogs".
Merkel hatte auf RTL wörtlich gesagt: "Da sollte man nicht solche Kategorisierungen vornehmen. Das ist nicht gut. Aber es zeigt auch den Druck, den es gibt."
Kurzer Artikel mit falschem Zitat
Die Seite Halle-Leaks hat schon mehrfach für Aufsehen gesorgt, da sie mit falschen oder irreführenden Inhalten große Reichweiten erzielen konnte. Unter anderem "Buzzfeed" analysierte die Strategie des Blogs: Die Seite habe "einen ganz eigenen Weg gefunden, Leser auf ihre Seite zu locken. Sie nehmen Nachrichten, suchen sich einen Aspekt heraus und verbreiten diese mit verfälschten oder erfundenen Zitaten auf den Facebook-Vorschaubildern".
Der jeweilige Inhalt des Artikels sei zumeist sehr kurz gehalten: ein bis zwei einleitende Sätze und dann eine vermeintliche Quelle, in der die angeblichen Zitate aber gar nicht auftauchen. Genau so funktioniert auch der aktuelle Fake-Artikel über Merkel und die Essener Tafel.
Einer der erfolgreichster Artikel im Netz
Wie erfolgreich dieses Modell ist, zeigt eine Auswertung von Interaktionen in den sozialen Netzwerken. Laut der Seite "10000Flies" hat der Artikel mit dem angeblichen Merkel-Zitat bislang 42.255 Interaktionen auf Facebook und Twitter erreicht, mehr als jeder andere Artikel vom Dienstag. Auf die vergangenen sieben Tage gesehen liegt "Halle-Leaks" damit auf Platz drei. Auf Platz Eins: Ein Artikel der Zeitung "Die Welt" über die Debatte im Bundestag über einen AfD-Antrag zu Deniz Yücel, gefolgt von einem "Postillon"-Beitrag.
Die Satire-Seite hatte berichtet, ein strenggläubiger Muslim wolle keinen Jägermeister mehr trinken, weil das Logo ein Kreuz zeigt. Eine Geschichte, die einige Nutzer ernst nahmen. Unter anderem Erika Steinbach schenkte der Satire offenkundig Glauben und twitterte:
Hoppla, ich dachte Muslime dürfen keinen Alkohol trinken. Also kann Jägermeister diese Drohung gelassen hinnehmen. Aber es ist schon dreist, was hier in Deutschland abgeht.
Für diesen Tweet sammelte Steinbach wiederum rund 2000 Herzen bei Twitter ein. Später behauptete die ehemalige CDU-Abgeordnete dann, sie habe sich nur einen Spaß erlaubt und sei amüsiert über die Empörung. Steinbach hatte bereits zuvor falsche Inhalte geteilt.