Twitter-Account von Donald Trump
Hintergrund

US-Präsident Trump Kriegserklärung via Twitter?

Stand: 13.04.2018 08:54 Uhr

Die Tweets des US-Präsidenten sorgen erneut für Beunruhigung: Kann Trump via Twitter einen Krieg erklären? Welche rechtlichen Schranken gibt es? Und welche Macht haben Berater und Minister?

Von Silvia Stöber, tagesschau.de

Es war ein Tweet, der an die Führung in Moskau adressiert war: "Halte Dich bereit Russland, denn sie werden kommen, hübsch, neu und intelligent", schrieb Donald Trump. Diese Worte inmitten der angespannten Situation in Syrien ließen erneut die Alarmglocken läuten.

Aber kann der US-Präsident per Twitter einen Krieg erklären? Gibt es keine Möglichkeit für andere Institutionen, den Staats- und Regierungschef der USA bei solchen riskanten Entscheidungen aufzuhalten?

Grundsätzlich hat der US-Präsident einen großen Spielraum. Er gestaltet die Außen- und Sicherheitspolitik. Der zweite Artikel der Verfassung erklärt ihn zum Oberbefehlshaber der Streitkräfte.

Der Präsident ist Oberbefehlshaber der Armee und der Flotte der Vereinigten Staaten und der Miliz der Einzelstaaten, wenn diese zur aktiven Dienstleistung für die Vereinigten Staaten aufgerufen wird; [...]

Eine Kriegserklärung obliegt allerdings dem Kongress. Eine formale Kriegserklärung habe es jedoch seit dem Eintritt der USA in den Zweiten Weltkrieg nicht mehr gegeben, trotz zahlreicher Einsätze militärischer Gewalt - teils mit Zustimmung des Kongresses, wie Johannes Thimm von der Forschungsgruppe Amerika bei der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin erklärt.

Schranken ohne große Wirkung

Der "War Powers Act", der nach dem Vietnam-Krieg 1973 verabschiedet wurde, soll dem Präsidenten Schranken auferlegen, falls er ohne Zustimmung des Kongresses einen Einsatz in einem Kriegsgebiet befehlen will.

Demnach kann der Präsident nur in einem Notfall für 60 Tage Kampftruppen entsenden, ohne ein Mandat oder eine Kriegserklärung vom Kongress erwirkt zu haben. Diese Zeitspanne kann auf maximal 90 Tage ausgedehnt werden.

Überschreitet der Präsident die Fristen, haben die Abgeordneten allerdings keine Sanktionsmöglichkeiten gegen ihn, außer über die Nichtgewährung von finanziellen Mitteln, da sie über das Staatsbudget bestimmen.

Weitgehende Ermächtigung

Ansonsten kann der Präsident Truppen ins Ausland entsenden, wenn der Kongress ihn per Resolution dazu autorisiert hat. Eine solche "Ermächtigung zum Einsatz militärischer Gewalt" erteilten die Abgeordneten mit überwältigender Mehrheit nach dem 11. September 2001 dem damaligen Präsidenten George W. Bush.

Diese "Joint Resolution" erlaubten Vergeltungsschläge gegen "Staaten, Organisationen und Personen", die an der Planung und Durchführung der Terrorattacken beteiligt waren oder die solche Organisationen und Personen beherbergten.

Dies war die Grundlage für den Einsatz gegen Al Kaida und ihre Unterstützer, die Taliban in Afghanistan. Eine weite Auslegung der "Beherbergung" von Personen und Organisationen diente in den vergangenen Jahren als Basis weiterer Einsätze. Die Regierung von Barack Obama ordnete beispielsweise die Terrormiliz "Islamischer Staat" als Verbündeten von Al Kaida ein, um gegen sie vorgehen zu können. Sie versuchte dann 2015, die Ermächtigung für den Kampf gegen Al Kaida durch eine neue, auf den IS zugeschnittene, zu ersetzen. Allerdings ohne Erfolg.

"Joint Resolution" gilt weiter

Nach dem Einsatz von Chemiewaffen im Jahr 2013, der nach Obamas Worten eine rote Linie überschritten hatte, bat der Demokrat den Kongress um eine Autorisierung für einen Militäreinsatz in Syrien - in dem Wissen allerdings, dass die Abgeordneten nicht zustimmen würden.

Im vergangenen Herbst schlugen Abgeordnete von Republikanern und Demokraten beider Parlamentskammern vor, die "Joint Resolution" aufzuheben und eine neue zu verabschieden. Sie scheiterten jedoch. Daher kann Trump mit einer breiten Auslegung der Resolution von 2001 weiterhin Einsatzbefehle für Kriegsgebiete erteilen. "Der Kongress hat im Vorfeld eines Militärschlags keine Handhabe gegen Trump", sagt der Amerika-Experte Thimm.

Schnelles Handeln bei Atomraketen

Auch über den Einsatz von Atomraketen entscheidet der Präsident. Das während des Kalten Krieges entwickelte Procedere ist auf die Notwendigkeit schnellen Handelns innerhalb weniger Minuten ausgerichtet.

Der Aktenkoffer mit Gebrauchsanleitung und Angriffszielen befindet sich immer in der Nähe des Präsidenten. Im Falle einer Entscheidung über einen Nukleareinsatz berät sich der Präsident mit dem Verteidigungsminister und dem Generalstab. Doch ein Veto gegen seinen Befehl können sie nicht einlegen.

Bereits im Wahlkampf löste die Vorstellung, dass Trump unbeschränkte Befehlsgewalt über die Nuklearwaffen erlangen könnte, Debatten aus. Im vergangenen November diskutierten Senatoren in einer Sitzung, geleitet vom Republikaner Bob Corker, über die Befugnis des Präsidenten über die Nuklearwaffen - zum ersten Mal seit Jahrzehnten.

Keine Befehlsverweigerung vorgesehen

Wenige Tage später äußerte sich der für die US-Atomwaffen zuständige General bei einer internationalen Konferenz. John Hyten erklärte, er würde sich einem illegalen Befehl widersetzen. Er verwies darauf, dass die Ausführung eines gesetzeswidrigen Befehls eine lebenslange Haftstrafe nach sich ziehen könne. Sollte Trump ihm ein solches Kommando erteilen, würde er dies dem Präsidenten vor Augen führen und ihm Optionen erläutern, sagte Hyten.

Aus Hytens Aussagen wird deutlich, dass er den Präsidenten überzeugen müsste. Befehlsverweigerung sei aber nicht vorgesehen, betont der US-Experte Thimm. Er verweist in diesem Kontext auf den Raketenangriff auf Syrien nach dem Giftgas-Einsatz in Chan Scheichun vor einem Jahr. Dies sei offensichtlich eine umsichtig geplante und keine spontane Aktion gewesen: Das russische Militär war im Vorfeld informiert worden, um eine Eskalation zwischen den Großmächten zu verhindern. Das bombardierte Flugfeld war leer und der angerichtete Schaden nach kurzer Zeit behoben. So blieb es bei einem symbolischen Akt ohne schwere Nachwirkung.

Kommunikation im Vorfeld entscheidend

In den vergangenen Tagen verdeutlichen Vertreter Moskaus, dass sie ihre Reaktion auf einen möglichen US-Angriff in Syrien auf den Umfang, das Ziel und die Kommunikation im Vorfeld abstimmen würden.

So hängt alles davon ab, ob die Berater und Minister von Trump auf abgewogene Entscheidungen setzen und den Präsidenten davon überzeugen können.