Altersarmut bei Frauen Warum die häusliche Pflege arm macht
Frauen sind besonders häufig von Altersarmut betroffen. Das liegt auch daran, dass besonders viele ihre Angehörige pflegen. Der Sozialverband Deutschland sucht in einer Studie Auswege aus dem Dilemma - mit klaren Forderungen an die Politik.
Ob putzen, Kinder erziehen oder Eltern pflegen: Häusliche Arbeit ist in Deutschland immer noch vorwiegend Frauensache. Das belegen Statistiken. Doch wie sich diese Ungleichheit perspektivisch auf Karriere und Rente auswirkt - das ist weniger bekannt.
Für den Bereich häusliche Pflege hat der Sozialverband Deutschland nun versucht, die Zusammenhänge darzustellen. In einem Gutachten rechnet er vor: 4,5 Millionen Menschen pflegen ihre Angehörigen zu Hause. 70 Prozent davon sind Frauen.
Problem: Vereinbarkeit von Pflege und Beruf
Für den Präsidenten des Sozialverbands, Adolf Bauer, ist das Hauptproblem die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf. Sei die Belastung zu groß, würden viele teilweise oder ganz aus dem Beruf aussteigen. Die Folge: Einkommenseinbußen und Altersarmut seien nicht zu vermeiden.
Zwar gebe es Rentenpunkte für Sorgearbeit, sagt die Leiterin des Gutachtens, Katja Knauthe, doch die seien zu gering - auch weil sie lediglich auf einem fiktiv errechneten Einkommen basierten.
"Und wenn sie zusätzlich Hilfe in Anspruch nehmen, also professionelle Hilfe in Form von ambulanten Pflegekräften, dann reduziert sich dieser Beitrag zur Rentenversicherung noch einmal um 30 bis 50 Prozent", kritisiert sie.
Fast 60 Prozent der Menschen, die im Alter nur Grundsicherung beziehen, sind weiblich. Tatsächlich sei das Armutsrisiko im Alter für Frauen aber viel höher, schätzt die Wissenschaftlerin. Denn belastbare Zahlen fehlen.
Auf wackligen Füßen
Noch sei nicht ausreichend untersucht, was die Gründe von Armut seien und welche sozioökonomischen Einschnitte Pflege habe. Und wenn, dann werde das Haushaltseinkommen untersucht, das die individuelle Altersarmut von Frauen verdecke.
Hier steht das Gutachten deshalb auf wackligen Füßen. Dass vor allem Frauen pflegen, ist bekannt. Dass sie dadurch oft in Teilzeit gezwungen werden auch. Doch ob sie dadurch im Alter arm werden - das kann auch das Gutachten nur theoretisch beleuchten.
Ansprüche eingebüßt
Klar ist: Durch die Pflege zu Hause werden zunächst Lohn und später dann auch Rentenansprüche eingebüßt. An die Politik stellt der Sozialverband Deutschland deshalb drei klare Forderungen.
Als erstes müsse die Pflegestruktur verbessert werden: mehr Einrichtungen und mehr Personal sei nötig. Als zweite Maßnahme, müssten die Einbußen im Lohn für Menschen, die ihre Angehörigen zu Hause pflegen, kompensiert werden.
Ähnlich dem Elterngeld fordert Bauer zudem einen Ausgleich für die gesetzliche Rente, "damit nicht am Ende des Arbeitslebens eine geringe Rente aufgrund der Pflege und aufgrund der Verluste der Einkommenseinbußen auftreten".
Von diesen drei Forderungen steht allerdings keine einzige im Koalitionsvertrag. Dass sich hier in dieser Legislaturperiode noch etwas nennenswert bewegt, davon geht der Sozialverband nicht aus.