Amri-Untersuchungsausschuss V-Mann-Führer bleibt geheim
Die Regierung will nicht, dass ein V-Mann-Führer des Verfassungsschutzes im Amri-Untersuchungsausschuss aussagt. Grüne, Linkspartei und FDP zogen dagegen vors Bundesverfassungsgericht. Die obersten Richter bestätigten nun das Nein.
Der Amri-Untersuchungsausschuss des Bundestags bekommt keine Möglichkeit, einen geheim gehaltenen V-Mann-Führer zu befragen. Eine entsprechende Klage von Linkspartei, Grünen und FDP blieb erfolglos. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe lehnte die Vernehmung eines Mitarbeiters des Bundesamtes für Verfassungsschutz ab.
Der Zweite Senat kam mehrheitlich zu der Auffassung, dass in diesem besonderen Fall das parlamentarische Aufklärungsinteresse hinter dem Staatswohl zurücktreten müsse.
Richter: Mögliche Gefahr, die Quelle zu verlieren
Die Richter folgten der Auffassung der Bundesregierung und teilten die Sicherheitsbedenken. Die Umstände gäben Grund zur Besorgnis, dass der Betroffene und auch andere Quellen bei einer Zeugenbefragung das Vertrauen in die Geheimhaltung ihrer Identität verlieren und die Zusammenarbeit mit dem Verfassungsschutz beenden könnten.
Gerade im islamistischen Milieu aber ließen sich Quellen nur schwer gewinnen, so die Richter. Ihr Verlust könne den Zugang zu Informationen, die für die innere Sicherheit Deutschlands von großer Bedeutung seien, nachhaltig erschweren oder sogar zeitweise ganz verschließen.
Der Ausschuss wollte den Verfassungsschutzmitarbeiter anhören, der V-Männer im Umfeld einer von Anis Amri besuchten Moschee führte, die als Treffpunkt radikaler Salafisten galt. Das Bundesinnenministerium weigerte sich aber, den Mitarbeiter zu benennen: Er sei bei einer laufenden Quellenoperation eingesetzt. Bei einer Enttarnung bestehe Lebensgefahr für ihn und die V-Person, hieß es.
Müller: Gerichtsbeschluss basiert auf bloßen Vermutungen
Der Beschluss erging mit sechs zu eins Stimmen. Verfassungsrichter Peter Müller, in früheren Zeiten saarländischer Ministerpräsident, stimmte dagegen und gab ein Sondervotum ab. Seine Kritik: Die Bundesregierung habe nicht ausreichend dargelegt und begründet, warum eine Vernehmung die Zusammenarbeit der Nachrichtendienste mit Informanten gefährden würde.
Der Beschluss des zweiten Senats stütze sich insoweit auf bloße Vermutungen. Vor diesem Hintergrund sei es verfassungsrechtlich nicht hinnehmbar, dem Untersuchungsausschuss eine Vernehmung des Beamten zu verweigern.
Opposition: Rolle des Verfassungsschutzes so nicht aufzuklären
Vertreter der Oppositionsfraktionen reagierten enttäuscht auf die Entscheidung. Die Rolle des Verfassungsschutzes im Fall Amri könne so nicht aufgeklärt werden, erklärte etwa der Obmann der FDP-Fraktion, Benjamin Strasser.
Im Dezember 2016 war der Islamist Amri mit einem Lkw in den Weihnachtsmarkt auf dem Berliner Breitscheidplatz gefahren und hatte zwölf Menschen getötet. Später wurde bekannt, dass die deutschen Sicherheitsbehörden Amri bereits länger auf dem Schirm hatten. Der Untersuchungsausschuss versucht aufzuklären, warum der Anschlag dennoch nicht verhindert wurde.
Az. 2 BvE 4/18
Mit Informationen von Klaus Hempel, ARD-Rechtsredaktion