Jahresbilanz 2010 Langes Warten auf die Pannen-Bahn
Mal ist es die sensible Elektronik, mal laufen die Räder nicht rund, Klimaanlagen versagen und dann fällt auch noch so viel Schnee. Bahnchef Grube kennt die Probleme, doch "es dauert alles seine Zeit", um sie zu lösen. Von Pünktlichkeit spricht niemand mehr und die Reisenden warten weiter.
Von Stanislaus Kossakowski, BR, ARD-Hauptstadtstudio
Erst war es der Winter, der der Bahn Anfang des Jahres so zugesetzt hatte. Schnee und Kälte legten vor allem zahlreiche High-Tech-Schnellzüge lahm. Als Ursache wurde feiner Pulverschnee ausgemacht, der gerade bei der über zehn Jahre alten Baureihe ICE-2 sensible elektronische Bauteile ausschaltete.
Die Züge, die noch fuhren, waren hoffnungslos überfüllt - und das über Wochen. "Das tut uns wahnsinnig leid, weil letztendlich spürt das der Kunde. Aber gehen Sie davon aus, wir haben alles unternommen, um diesen Zustand schnell zu stabilisieren", versicherte Bahnchef Rüdiger Grube. Die Hauptschuld gab er der Bahnindustrie. Die Hersteller dagegen verwiesen auf angebliche Wartungsmängel der Bahn. Und so verbesserte sich erst einmal wenig. Das galt auch für die festgefrorenen Weichen und die anfällige Türelektronik von Regionalzügen und für die Berliner S-Bahn.
Die Verantwortung der Politiker
Schon 2009 mussten Millionen Fahrgäste häufig auf andere Verkehrsmittel umsteigen, weil die systematisch schlecht gewarteten S-Bahnen in die Werkstatt mussten. Viele schrieben das den Börsenplänen des Konzerns zu. Karl-Peter Naumann vom Fahrgastverband "Pro Bahn" sieht zugleich den Bund als Eigentümer der Bahn in der Verantwortung: "Die Politik hat die Bahn gezwungen, sich für den Börsengang fit zu machen, zu rationalisieren und zu sparen, wo immer es ging. Das hat die Bahn dann im Auftrag der Politik gemacht und jetzt darf man sich nicht wundern, wenn das auch Konsequenzen hat."
DB-Chef Grube wechselte zahlreiche Vorstände aus, ließ dichtgemachte Bahnausbesserungswerke wiedereröffnen und warb um Geduld. Die beweisen die Bahnkunden übrigens bis heute beim Warten auf neue Radsätze für die ICE-Flotte. Die Produktion der teuren Stücke dauert lang.
Hitzewelle in den Zügen
Doch schon im Sommer sollte eine neue ICE-Panne für Abwechslung sorgen. Die Klimaanlagen fielen aus, was Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer zu einem dringenden Appell veranlasste: "Ich erwarte, dass die Bahn bei minus 40 Grad genauso zuverlässig und gesundheitstauglich fährt wie bei plus 40 Grad und bei allen Klima- und Temperaturlagen dazwischen."
Dutzende Fahrgäste waren kollabiert, mussten nach einem Nothalt von Rettungssanitätern versorgt werden. Die Bahn gewährte Entschädigungen von bis zu 500 Euro. Die Zugbegleiter bekamen Notfallpläne in die Hand und die Kunden eine Information über die technische Abhilfe der Bahn.
Jahrelange Reparaturen
"In einer Klimaanlage gibt es einen Druckwächter, der wird anders justiert. Beispielsweise gucken wir uns noch intensiver die Kühlmittelmengen an, wir gucken uns die Reinigungszyklen an, beispielsweise von Wärmetauschern. Wir gucken uns auch von den Komponenten die Lebensdauer an", so der Bahnchef. Das verhinderte Schlimmeres, sorgte aber für eine höhere Grundwärme in den Zügen. Bis die schadhaften Klimaanlagen modernisiert sind, werden nach Grubes Angaben nämlich ein paar Jahre vergehen.
Zu mehr Zuversicht reicht es am Ende eines harten Krisenjahres der Bahn - einfach nicht: "Wir arbeiten mit Hochdruck an den Lösungen. Wir kommen auch schrittweise voran, aber wie gesagt, es dauert alles seine Zeit."