Wegen Ampel-Gesprächen Union stimmt sich auf Opposition ein
SPD, Grüne und FDP steuern mit ihrer Ankündigung gemeinsamer Beratungen deutlich auf ein Ampel-Bündnis zu. CSU-Chef Söder und andere Unionspolitiker halten Jamaika deshalb für so gut wie gescheitert - nur einer hofft noch.
Mit der Entscheidung von SPD, Grünen und FDP schon ab morgen über eine gemeinsame Ampel-Koalition zu beraten, schwindet bei der angeschlagenen Union die Hoffnung, den Wechsel in die Opposition noch abzuwenden.
Für manch einen bei CDU und CSU scheint die Sache bereits jetzt gelaufen, auch wenn Grüne und FDP sich nach wie vor weitere Gespräche mit der Union als Hintertürchen offen halten. Trotzdem spricht CSU-Chef Markus Söder von einer "de-facto Absage an Jamaika". Bayerns Ministerpräsident sagte:
FDP und Grüne haben sich entschieden für diesen Weg der Ampel. Den müssen sie jetzt auch konsequent gehen.
Die CSU respektiere diese Entscheidung. Nun müsse man sich damit vertraut machen, dass es sehr wahrscheinlich eine Regierung ohne die Union geben werde. Denn sie komme nur wieder ins Spiel, wenn die Koalitionsbildung von SPD, Grünen und FDP scheitern sollte, sagte Söder.
"Wenn die Ampel scheitert, dann ist Scholz als Kanzlerkandidat gescheitert. Aber was keinen Sinn macht, ist Schattenverhandlungen zu führen." Es gehe nun aber auch um "Selbstachtung und Würde", sagte Söder. "Wir bleiben zwar gesprächsbereit, aber nicht in einer Art Dauer-Lauerstellung."
Eine offene Tür mit einem großen Riegel
Ähnlich äußerte sich CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt: "Die Reise geht jetzt Richtung Ampel, und wir werden uns darauf einstellen." Realitätssinn sei nun angebracht - die Entscheidungen von Sozialdemokraten, Grünen und FDP "umzuinterpretieren", das würde jetzt auch niemandem weiter helfen".
Und auch die Option, dass Union, Grüne und FDP vielleicht doch noch mal zusammen an einen Gesprächstisch kommen, betrachtet Dobrindt recht pragmatisch: "Man hat einen Spalt der Tür offen gelassen, aber gleichzeitig einen sehr großen Riegel davorgeschoben."
Der "Ampel-Zug" rollt
Von einer "Reise Richtung Ampel" sprach Dobrindt - ein Tenor, dem sich auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier anschließt. "Soeben hat der Ampel-Zug den Bahnhof verlassen", twitterte er und verwies die eigene CDU und ihre Schwesterpartei CSU in die verbleibende Beobachterrolle. Für die Union gehe es jetzt darum, "ihre Hausaufgaben zu machen" und zu zeigen, dass sie "die Lektion" des schlechten Wahlergebnisses verstanden habe.
Auch für CDU-Bundesvize Julia Klöckner stehen die Zeichen in Zukunft auf Opposition. In der "Rheinischen Post" sprach sie von einem "weitreichenden Umbruch", der auf die Union zukomme, eine "Zäsur". "So hart das ist, aber wir müssen diese Situation jetzt als Chance begreifen", so Klöckner.
Laschet zeigt sich weiter gesprächsbereit
Nur einer will von einem Umbruch oder Wechsel offiziell noch nichts hören - derjenige, für den eine Jamaika-Koalition wohl am wichtigsten wäre. Armin Laschet, Kanzlerkandidat der Union, betont vor Journalisten zwar, CDU und CSU respektierten die Entscheidung von Grünen und FDP, nun erst einmal Gespräche mit den Sozialdemokraten zu führen.
Doch dann verweist Laschet sofort auf das kleine Hintertürchen: "Wir haben signalisiert, wir stehen auch zu weiteren Gesprächen bereit", betont Laschet. "Aber die Entscheidung, mit wem man in welcher Reihenfolge spricht, liegt bei FDP und Grünen."
Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel wies am Rande des EU-Gipfels in Slowenien auf das nach wie vor bestehende Gesprächsangebot der Union gegenüber den Grünen und der FDP hin. "Armin Laschet hat deutlich gemacht, dass die CDU für Gespräche zur Verfügung steht, aber die CDU nicht das beste Stimmenergebnis hat", so Merkel.
Seit der Bundestagswahl mehren sich die Stimmen in der Union, die Laschet für das schlechte Abschneiden mitverantwortlich machen und einen Wandel fordern. So forderte unter anderem Bundesgesundheitsminister Jens Spahn die personelle Erneuerung in den eigenen Reihen ebenso wie Außenpolitiker Norbert Röttgen oder der frisch in den Bundestag zurückgewählte Friedrich Merz.
Strobl übt scharfe Kritik an eigener Partei
Und mit dem Startschuss für die Beratungen über eine Ampel kommt weitere Kritik - diesmal vom stellvertretenden CDU-Vorsitzenden Thomas Strobl. Im Gespräch mit der Funke-Mediengruppe sagte er:
Für uns ist besonders bitter und hoffentlich eine Mahnung, dass die Entwicklungen, die uns an den heutigen Punkt gebracht haben, selbst verschuldet sind.
Und der baden-württembergische Innenminister führte auch gleich aus, welche Fehler CDU und CSU aus seiner Sicht begangen haben. Zu viele hätten "zu intensiv nicht an einem Strang für die CDU und die Union gezogen, sondern versucht, einen persönlichen Vorteil für sich zu ziehen".
Und dann - mitten in den Beratungen für mögliche Sondierungen - der nächste Patzer, indem Informationen aus den Gesprächen nach außen drangen, trotz vereinbarter Vertraulichkeit. Trotzdem bleibe eine Jamaika-Koalition "die beste der möglichen Optionen", fügte Strobl hinzu.