Politologe zu Thüringen "Schadet der CDU - und der Demokratie"
Die gestrige Abstimmung im Thüringer Landtag nützt vor allem der AfD, sagt der Politikwissenschaftler Schroeder bei tagesschau24. Denn der Vorgang normalisiere die rechtsextreme Partei. Schaden dürfte die Aktion dagegen CDU und FDP - und der Demokratie an sich.
Die von CDU, FDP und AfD gemeinsam gegen die Landesregierung beschlossene Senkung der Grunderwerbssteuer in Thüringen hält der Politikwissenschaftler Wolfgang Schroeder für einen Bruch. "Die AfD ist mit Unterstützung der CDU und der FDP zu einer normalen Partei im Parteienwettbewerb geworden", sagte er im Interview mit tagesschau24. Mit der gestrigen Abstimmung konnte die AfD beweisen, dass sie in der Lage ist, Mehrheitsverhältnisse zu verändern, so Schroeder, der stellvertretender Vorsitzender der SPD-Grundwertekommission ist.
Der gestrige Tag könnte so ein "entscheidendes Datum in der Weggabelung der Normalisierung" sein. "Eine Partei, die rechtsextrem ist, wird auf einmal zum Mehrheitsbeschaffer." Man könne den Vorgang aber auch als eine Andeutung der CDU verstehen: Dass es denkbar sei, dass "im nächsten Jahr ein CDU-Ministerpräsident Mario Voigt auf der Ebene der Duldung durch die AfD an die Macht kommen kann".
"Brandmauer ist gefallen"
Auch die stets betonte Abgrenzung der Union gegenüber der AfD sei damit obsolet. "Mit dem gestrigen Tag ist die Brandmauer gefallen." Es gebe zwar kein Bündnis und keine gemeinsame öffentliche Verabredung. "Aber im Ergebnis hat man es durch den gestrigen Tag der AfD möglich gemacht, auf die Struktur des Haushaltes, auf die Struktur des Politikangebotes und auf die Kräfteverhältnisse in Thüringen Einfluss zu nehmen." Dies sei ein Signal, was weit über Thüringen hinauswirke.
Schaden für die Demokratie
Allerdings hätten die gestrigen Ereignisse auch eine Vorgeschichte. So hab die Union die Linkspartei und die AfD strukturell auf eine Ebene stellt und beide als Kooperationspartner ausgeschlossen. Damit werde die Linkspartei, "die ja nun vielfach unter Beweis gestellt hat, dass sie eine auf dem Boden der Verfassung stehende Partei ist", auf die gleiche Stufe mit der AfD gestellt. "Und das ist die große Gefahr in unserem Parteienwettbewerb gegenwärtig", so Schroeder.
Geschadet habe der Vorgang vor allem dem Image der CDU und der FDP. Aber nicht nur: "Geschadet hat es insgesamt der Demokratie und den Kräften, die dafür Sorge tragen wollen, dass eine rechtsextreme Partei in Deutschland keinen strukturbildenden Einfluss auf die politischen Machtverhältnisse gewinnt."