Kurswechsel im Überblick Merkels geopferte CDU-Positionen
Mit der Abkehr vom klaren Nein der Union zur Ehe für Homosexuelle hat Kanzlerin Angela Merkel eine konservative Position aufgegeben. Es ist längst nicht die erste, die Merkel während ihrer Kanzlerschaft preisgegeben hat. Ein Überblick.
Atomausstieg: Gegen erbitterte rot-grüne Proteste setzt Merkel im Jahr 2010 im Bündnis mit der FDP eine Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken durch. Doch 2011 - nach der Katastrophe von Fukushima - verkündet sie abrupt die Kehrtwende zum Atomausstieg.
Bundeswehr: Mit der Aussetzung der Wehrpflicht 2011 greift die Union eine Forderung auf, die Grüne und SPD schon lange zuvor erhoben haben. In der rot-grünen Regierungszeit war das aber nicht mehr durchgesetzt worden. Merkel lehnt eine Rückkehr zur Wehrpflicht ab, wie sie manche CDU-Politiker jüngst als Reaktion auf Skandale in der Bundeswehr gefordert hatten.
Frauenquote: 2016 tritt die gesetzlich festgelegte Frauenquote von 30 Prozent für die Aufsichtsräte der größten Börsenunternehmen in Deutschland in Kraft. Im CDU-Wirtschaftsrat gibt es bis zur Abstimmung im Bundestag Unmut über die im Koalitionsvertrag von Union und SPD verabredete Regelung.
Mindestlohn: In der aktuellen Koalition mit der SPD ist ein linkes Herzensprojekt wahr geworden: der gesetzliche Mindestlohn. Der Wirtschaftsflügel der Union muss ihn schlucken.
Flüchtlinge: Als immer mehr Flüchtlinge 2015 in Deutschland registriert werden, setzt sich die Kanzlerin für deren Integration ein. Sie muss ihren Kurs gegen Konservative in der Union verteidigen, die Deutschland stärker abschirmen wollen. Die CSU pocht energisch auf eine feste Obergrenze, Merkel ist strikt dagegen. Mittlerweile allerdings sind Regeln für Flüchtlinge unter Schwarz-Rot verschärft worden.
Schulsystem in Deutschland: Real- und Haupschule wurden unter einem Dach vereint.
Bildung: Nach langem Ringen löst sich die CDU im Jahr 2011 von der Tradition des dreigliedrigen Schulsystems und erklärt sich zur Abkehr von der eigenständigen Hauptschule bereit. Neben dem Gymnasium sollen Haupt- und Realschulen unter dem Dach einer sogenannten Oberschule vereint werden. Als Grund werden sinkende Schülerzahlen angegeben.
Doppelpass: Gegen ein CDU-Parteitagsvotum von 2016 will Merkel die doppelte Staatsbürgerschaft beibehalten. Diese war 2014 mit der SPD vereinbart worden. Demnach können in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern neben der deutschen auch die Staatsbürgerschaft ihrer Eltern behalten. In der CDU gibt es viele, die den Doppelpass abschaffen wollen.