Merkel fordert mehr Zeit ein Weitere Lockerungen wohl erst im Mai
Bund und Länder wollen am 30. April erneut über die Corona-Krise beraten. Beschlüsse über weitere Lockerungen könnten aber erst eine Woche später fallen. Kanzlerin Merkel sagte, Auswirkungen der neuen Ladenöffnungen seien erst dann abschätzbar.
In ihrer Regierungserklärung hatte Angela Merkel eindringlich davor gewarnt, die bisherigen Erfolge im Kampf gegen die Corona-Pandemie durch schnelle Öffnungsbeschlüsse wieder aufs Spiel zu setzen. Jetzt deutete die Kanzlerin an, dass über weitere Lockerungen voraussichtlich erst am 6. Mai entschieden wird. Das nächste Treffen mit den Ministerpräsidenten zur Corona-Krise findet aber schon am 30. April statt. Bisher war erwartet worden, dass bereits zu diesem Zeitpunkt weitere Schritte zurück in die Normalität eingeleitet werden könnten.
Doch Merkel tritt auf die Bremse - und orientiert sich dabei am Rhythmus des Virus: Die Auswirkungen der am Montag begonnenen Öffnung der Geschäfte könne man erst 14 Tage später abschätzen, sagte sie. Andere Lockerungen träten noch später in Kraft. "Das heißt, wir können dann am 6. Mai über diese Fragen sprechen." Da es aber noch andere wichtige Themen zu Corona-Krise gebe, gehe sie davon aus, dass es auch bei dem Treffen am 30. April bleibe.
Geschäfte wieder offen, Abschlussklassen starten wieder
Bund und Länder hatten sich nach fast vier Wochen Zwangspause vergangene Woche darauf geeinigt, dass vom 20. April an kleine und mittlere Geschäfte bis zu einer Fläche von 800 Quadratmetern wieder öffnen dürfen. Die Details hängen von Branche und Bundesland ab. In den ersten Ländern ging für die Abschlussklassen inzwischen auch die Schule wieder los. Die strikten Kontakt- und Abstandsregeln sollten nach den bisherigen Plänen mindestens bis zum 3. Mai weiter gelten.
NRW strebt weitere Lockerungen an
Vor allem Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) strebt weitere Lockerungen an. So sollen in NRW von Mai an unter Auflagen wieder öffentliche Gottesdienste stattfinden können. Die Kirchen und Religionsgemeinschaften hätten dazu umfassende und präzise Schutzkonzepte vorlegt, erklärte Laschet. Auch andere Bundesländer wollen im Mai wieder Gottesdienste zulassen.
Bund und Länder beraten über Lockerungen für Kirchen
Lockerungen der Corona-Auflagen für Kirchen, Moscheen und Synagogen sind auch Thema bei einem heutigen Treffen von Bund und Ländern. Staatssekretär Markus Kerber aus dem Bundesinnenministerium will den Chefs der Staatskanzleien die Pläne präsentieren. Die Religionsgemeinschaften in Deutschland sollten bis Mitte dieser Woche ihre Vorschläge zu einer vorsichtigen Öffnung der Gotteshäuser einreichen. Auf diesen Beiträgen fußt das Papier.
Neue Forderungen vom Mittelstand
Merkel hatte die Umsetzung der Bund-Länder-Beschlüsse gestern als teilweise "zu forsch" bezeichnet. Es handele sich noch um die Anfangsphase der Pandemie, Deutschland noch nicht über den Berg, mahnte sie. Sie räumte ein, die Pandemie sei "eine demokratische Zumutung", die "existentielle Rechte und Bedürfnisse" einschränkte.
Doch trotz dieses deutlichen Rüffels in Richtung der Länder nimmt der Druck auf die Regierung zu. So spricht sich der Wirtschaftsflügel der Union für eine rasche Öffnung von Schulen und Kitas aus. "Die Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) ist überzeugt, dass für das dringend notwendige Wiederanfahren des Wirtschaftslebens auch die Betreuung von Kindern in Kitas, Kindergärten und Schulen wieder ins Laufen gebracht werden muss", zitiert die "Bild"-Zeitung aus einem Papier, das dem Bericht zufolge an diesem Freitag vom MIT-Präsidium beschlossen werden soll.
Der Deutsche Städtetag warnte vor zu großer Zögerlichkeit bei der Lockerung der Corona-Beschränkungen. "Es stimmt, dass wir nicht zu forsch sein dürfen", sagte Präsident Burkhard Jung den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Nötig sei aber auch eine klare Perspektive, etwa für die Öffnung von Spielplätzen.
Liberale für weitere Lockerungen
Auch für die FDP ist die Zeit weiterer Lockerungen längst gekommen. FDP-Vizechef Wolfgang Kubicki sagte der "Passauer Neuen Presse", Merkels Auftreten in der Corona-Krise grenze an "Amtsanmaßung". Weder die Kanzlerin noch die Bundesregierung seien bei der Bekämpfung des Virus vor Ort zuständig. Dies sei Sache der Gesundheitsbehörden der Länder.
Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner forderte in den tagesthemen neue Möglichkeiten im Umgang mit der Corona-Krise. Man müsse die Frage stellen, ob es inzwischen nicht möglich sei, "notwendigen Gesundheitsschutz besser mit Freiheit zu vereinbaren".
Als Beispiele nannte er die Einführung einer App zur Verfolgung von Infektionsketten, die er "auf freiwilliger Basis und anonymisiert" befürworte. Außerdem schlug er vor, "stärker regional vorzugehen". "Wenn in Kiel ein neuer Infektionsherd ausbricht, warum muss dann ein Hotel in Garmisch geschlossen sein?"
Die jetzigen Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie hätten Nebenfolgen. Lindner sprach auch von Schäden "an der Seele" vieler Menschen, die Sorgen um die eigene wirtschaftliche Existenz hätten. Volkswirtschaftliche Schäden könnten zudem nicht auf Dauer vom Staat mit Schulden kompensiert werden.