Hackerangriffe in Deutschland Weitere Attacken auf offizielle Webseiten
Ministerien, Polizei oder Plattformen des Bundes: Hacker haben offizielle Internetseiten in weiteren Bundesländern lahmgelegt. In Niedersachsen gibt es laut Staatsanwaltschaft Verden Hinweise auf einen pro-russischen Hintergrund.
Hacker haben die Cyberangriffe mit Auswirkungen auf Internetseiten öffentlicher Stellen ausgeweitet: Weitere Bundesländer sind inzwischen davon betroffen. So war das Landesportal von Schleswig-Holstein am Mittwoch vorübergehend nicht erreichbar. In Brandenburg meldete die Polizei eine Störung der Internetseite. Im Saarland waren Seiten der Landesregierung teilweise nicht oder nur verzögert erreichbar.
In Thüringen wurden von Mittwochmorgen an Seiten des Innenministeriums und der Polizei von Hackern aus dem In- und Ausland attackiert. Auch bei den Webseiten der Berliner Behörden dauerte der Zugriff länger.
Angriffe auf Webseiten von Ministerien und der Polizei
Am Dienstag waren bereits Hackerangriffe auf Webseiten von Ministerien oder der Polizei in Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Sachsen-Anhalt bekannt geworden.
Sachsen-Anhalts Digitalministerin Lydia Hüskens sagte: "Wir gehen davon aus, dass die Angriffe in den verschiedenen Bundesländern koordiniert waren." Das Landeskriminalamt in Sachsen-Anhalt hatte bereits am Dienstag die Ermittlungen aufgenommen. "Es ist kein Schaden entstanden, außer dass die Webseiten zeitweise nicht erreichbar waren", so Hüskens. Die Internetseiten des übergeordneten Landesportals sachsen-anhalt.de mussten ihren Angaben nach abgeschaltet werden, damit die Landesverwaltung mit ihrem IT-System hätte weiterarbeiten können. Die Hacker legten demnach die Seiten mit einem sogenannten DDoS-Angriff lahm. Dabei werden Server durch massenhafte Anfragen gezielt überlastet.
Niedersachsen: Verdacht auf pro-russischen Hintergrund
Auch in Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen war von Belastungsangriffen die Rede.
In Niedersachsen wurde inzwischen ein Ermittlungsverfahren wegen Computersabotage gegen unbekannt eingeleitet. Es sei zu vermehrten Zugriffen ausländischer Adressen gekommen, erläuterte ein Sprecher des Justizministeriums. Es werde in alle Richtungen ermittelt, es gebe jedoch Hinweise auf einen pro-russischen Hintergrund, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Verden. Nach Angaben des Innenministeriums waren viele Internetseiten der Polizei im Bundesland am Dienstag nicht erreichbar. Der Cyberangriff dauere weiter an, die Webseiten seien aber mittlerweile wieder abrufbar.
Berlin: Keine Dateien gestohlen
Noch nie habe es einen so großen Angriff auf die Webseiten der Berliner Landesverwaltung gegeben, sagte der Staatssekretär für Digitales in der Senatsverwaltung für Inneres, Ralf Kleindiek, im rbb. Daten seien jedoch nicht abgeflossen oder gestohlen worden.
Eine Polizei-Sprecherin in Brandenburg sagte: "Der ein oder andere Bürger wird Umstände haben." In Brandenburg hat der Angriff Online-Serviceleistungen lahmgelegt. Das Landeskriminalamt ermittelt wegen des Verdachts der Computersabotage.
Auch Plattform des Entwicklungsministeriums betroffen
Hacker hatten am Dienstag auch erneut eine Plattform des Bundesentwicklungsministeriums für den Wiederaufbau in der Ukraine ins Visier genommen. Die Sicherheitsbehörden des Bundes und der betroffenen Länder seien eingebunden und tauschten sich aus, sagte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Über mögliche Zusammenhänge der Angriffe könne man noch nichts sagen.
Forderungen nach mehr Schutz vor Cyberangriffen
Politiker der Regierungsparteien forderten mehr Wachsamkeit und Mittel im Kampf gegen Cyberattacken: Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, verlangte nach den Angriffen verstärkte Investitionen in die Sicherheit. Wer heute von Attacken dieser Art überrascht werde, sei "einfach naiv", sagte die FDP-Verteidigungspolitikerin der "FAZ". "Grund genug, endlich aufzuwachen und in den Schutz zu investieren", mahnte Strack-Zimmermann.
Die Vorsitzende des Digitalausschusses, Tabea Rößner, zeigte sich besorgt. Die Bedrohung durch Cyberangriffe sei derzeit "generell sehr groß", sagte die Grünen-Politikerin der Zeitung. In der vorherigen Bundesregierung habe Cybersicherheit "leider nicht immer höchste Priorität gehabt", kritisierte sie. Rößner forderte, Bund und Länder müssten sich stärker gegen Cyberattacken als Teil hybrider Kriegsführung wappnen.
Auch der kommissarische Vorsitzende des Innenausschusses, Lars Castellucci, betonte die wachsende Bedeutung von Cyberattacken. Die aktuellen Angriffe zeigten einmal mehr, "dass das Thema Cybersicherheit in unserer vernetzten Welt immer wichtiger wird", sagte der SPD-Politiker der "FAZ".
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) forderte ebenfalls einen besseren Schutz der kritischen staatlichen Infrastruktur. Die Polizeien in Bund und Ländern benötigten einen "gemeinsamen und starken Schutzschild gegen Cyberangriffe - und zwar aus einem Guss", sagte der stellvertretende GdP-Bundesvorsitzende, Alexander Poitz. Dafür brauche es ausreichend Geld, um notwendige IT-Fachleute zu gewinnen.