DeutschlandTrend

ARD-DeutschlandTrend Steinbrück holt auf

Stand: 06.12.2012 22:33 Uhr

Laut ARD-DeutschlandTrend bleibt Kanzlerin Merkel für die Union wichtigster Wählermagnet. Im direkten Vergleich mit dem designierten SPD-Kandidaten Steinbrück wird der Abstand jedoch geringer: Sowohl bei der Frage nach der Zufriedenheit als auch bei einer Direktwahl holt Steinbrück auf.

Laut ARD-DeutschlandTrend bleibt Kanzlerin Merkel für die Union wichtigster Wählermagnet. Im direkten Vergleich mit dem designierten SPD-Kandidaten Steinbrück wird der Abstand jedoch geringer: Sowohl bei der Frage nach der Zufriedenheit als auch bei einer Direktwahl holt Steinbrück auf.

Von Jörg Schönenborn, WDR

Nach einer Woche der Huldigung auf dem Parteitag in Hannover sind die Zahlen des ARD-DeutschlandTrends für Angela Merkel und ihre Union deutlich ernüchternder. Waren die Zahlen Anfang November noch geprägt von sprudelnden Steuereinnahmen und einem Koalitionsgipfel mit großzügigen Versprechen für die Parteianhänger, so sind sie es Anfang Dezember von der Erkenntnis, dass es nicht nur ein neues Hilfspaket für Griechenland gibt, sondern dass dies künftig anders als bisher zugesagt auch "echtes" Steuergeld kosten wird. Sowohl für Kanzlerin Merkel als auch für Finanzminister Wolfgang Schäuble gibt es deutliche Dämpfer in der persönlichen Bewertung.

Aber auch die Sonntagsfrage dürfte der Union keine echte Freude machen. CDU/CSU verlieren gegenüber dem Vormonat einen Punkt auf 39 Prozent. Sie bleiben zwar mit weitem Abstand stärkste Partei. Aber der Wunschkoalitionspartner FDP hängt nun seit einem Vierteljahr unverändert bei vier Prozent fest. Die Aussichten auf eine Fortsetzung des aktuellen Bündnisses sind also bescheiden. Unverändert sind die Werte der beiden großen Oppositionsparteien SPD mit 30 und Grüne mit 14 Prozent. Auch für die beiden gibt es derzeit keine parlamentarische Mehrheit. Die Linke ist mit sieben Prozent (+1) leicht im Aufwind. Und die Piraten sacken weiter ab. Sie notieren erstmals mit drei Prozent (-1) - ein deutliches Indiz dafür, dass man sie bei den strategischen Planspielen für die Bundestagswahlen aus heutiger Sicht nicht mehr unbedingt im Auge behalten muss.

Abstand zwischen Merkel und Steinbrück schrumpft

Zurück zur Hitliste der wichtigsten Spitzenpolitiker/innen. Letzten Monat war sie geprägt vom Absturz des SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück. Jetzt ist zumindest der Abstand zwischen Kanzlerin und ihrem Herausforderer wieder etwas geschrumpft. 60 Prozent (-8) sind mit der Arbeit von Angela Merkel zufrieden. Ihr folgt jetzt Verteidigungsminister Thomas de Maizière mit 58 Prozent (+3).

Abgestürzt ist Finanzminister Wolfgang Schäuble mit 57 Prozent (-8). NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) fällt mit 56 Prozent (-2) auf den vierten Rang zurück, wo sie jetzt gleichauf mit SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier steht (56 Prozent, +/-0). Peer Steinbrück bleibt sechster mit 48 Prozent (-2) - "nur" noch zwölf Punkte Rückstand zur Kanzlerin. Dafür ist Steinbrück der andere Oppositionsspitzenkandidat dicht auf den Fersen. Jürgen Trittin von den Grünen legt deutlich zu und steht nun bei 45 Prozent (+6). Auffällig sind auch die Gewinne für Außenminister Guido Westerwelle, der auf 42 Prozent klettert (+5).

Auch im direkten Vergleich mit der Bundeskanzlerin hat Peer Steinbrück etwas aufgeholt. Wenn man den Kanzler oder die Kanzlerin direkt wählen könnte, würden sich jetzt 49 Prozent (-4) für Merkel entscheiden, 39 Prozent (+3) für Steinbrück. Mit zehn Punkten ist der Abstand jetzt etwa auf dem Niveau zum Zeitpunkt der Nominierung Steinbrücks Anfang Oktober.

Kanzlerin Merkel als Wählermagnet

Die spannendste Erkenntnis des DeutschlandTrends aber ist eine andere: Während Angela Merkel für die Union der wichtigste Wählermagnet ist, wird die SPD nach Einschätzung der Befragten im kommenden Jahr nicht wegen ihres Kandidaten, sondern ganz überwiegend aus inhaltlichen Gründen gewählt werden.

Zugespitzt bestätigen sich da die langjährigen Beobachtungen: Die CDU ist eine Kanzlerwahl-Partei (um nicht vom "Verein" zu reden), die SPD hingegen eine Programm-Partei. Wir hatten gefragt, ob die Union wohl in erster Linie wegen Merkel oder in erster Linie wegen ihrer politischen Inhalte gewählt werde. 44 Prozent sehen Merkel als das zentrale Motiv, die Union zu wählen, nur sieben Prozent politische Inhalte. 41 Prozent sehen beides gleichrangig.

Fast spiegelbildlich ist das Ergebnis für die SPD: Nur zehn Prozent der Befragten glauben, sie werde in erster Linie wegen des Spitzenkandidaten Steinbrück gewählt, 43 Prozent aber nennen die "politischen Inhalte". Hier glauben 40 Prozent, dass beide Motive gleichrangig sind. Fragt man nur die jeweiligen Parteianhänger, sind die Werte zwar geringfügig anders, die Tendenz ist aber genau die gleiche. Unionswähler glauben, dass ihre Partei wegen Merkel gewählt wird, SPD-Wähler glauben an das Programm ihrer Partei.

Eigentlich ist das ein tröstliches Ergebnis für die Sozialdemokraten in einer Woche, in der sie einen Spitzenkandidaten offiziell nominiert, der nur mit größter Mühe einem weiteren Fettnäpfchen aus dem Weg gegangen ist. Denn diese Zahlen bedeuten: Selbst wenn Steinbrück die Nebeneinkünfte auch im nächsten Jahr noch anhängen sollten, hat die SPD eine echte Chance, mit Themen und Inhalten zu punkten.

Sichere und bezahlbare Energie ist den Wählern wichtig

Welche Themen und Inhalte sind das? Wir haben alle wesentlichen Wahlkampfthemen der großen Parteien aufgelistet und von den Befragten nach Wichtigkeit sortieren lassen. Sechs Themen werden jeweils von mehr als der Hälfte der Befragten als "sehr wichtig" für die Bundestagswahl im kommenden Jahr eingestuft: Ganz oben "sichere und bezahlbare Energie" sowie ein "stabiler Euro" mit jeweils 62 Prozent, dann "angemessene Renten" mit 58 Prozent, "gerecht verteilte Steuerlast" mit 57 Prozent, "weniger Staatsschulden" mit 54 Prozent und "mehr Unterstützung für Familien mit Kindern" mit 52 Prozent.

Genau für diese Themen wollten wir weiter wissen, welcher Partei jeweils die größte politische Kompetenz beigemessen wird. Im Ergebnis sind die Aussichten für die heutigen Oppositionsparteien gar nicht so schlecht. Sie punkten bei vier der sechs Topthemen: Der SPD wird am meisten zugetraut bei der Renten-, Steuer- und Familienpolitik, den Grünen bei der Energiepolitik. Für die Union bleiben allein die Themen stabiler Euro und weniger Schulden. Die Erwartungen der Wählerinnen und Wähler für einen möglichen Regierungswechsel sind damit deutlich beschrieben.

Nur neun Prozent rechnen mit Schwarz-Gelb

Allerdings rechnet nur eine Minderheit damit, dass die Sozialdemokraten tatsächlich die neue Regierung führen werden. In diesem Monat haben wir nicht nach der Wunschkoalition gefragt, sondern danach, welche Konstellation nach der Bundestagswahl am wahrscheinlichsten sein würde. 33 Prozent rechnen mit einer Großen Koalition, 28 Prozent mit Rot-Grün und 13 Prozent mit Schwarz-Grün. An eine Fortsetzung des schwarz-gelben Bündnisses glauben nur neun Prozent der Befragten. Das hat natürlich vor allem mit den Aussichten der FDP zu tun, überhaupt in den nächsten Bundestag einzuziehen. In der Partei läuft längst die Diskussion darüber, ob sie mit dem bisherigen Parteivorsitzendem Philipp Rösler oder mit dem Fraktionschef Rainer Brüderle als Spitzenkandidat besser aufgestellt ist. Die Wählerinnen und Wähler haben dazu eine klare Meinung: 57 Prozent nennen Brüderle als den aussichtsreicheren Spitzenkandidaten, nur 17 Prozent Rösler.

Abschließend noch der Blick auf ein anderes Spitzenthema der vergangenen Woche, das NPD-Verbot. Die große Mehrheit der Deutschen hält es für gleichermaßen wünschenswert wie wirkungslos. So befürworten 73 Prozent der Befragten ein Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht, 22 Prozent lehnen ihn ab. Was auffällt: Je älter die Befragten, desto stärker der Wunsch nach dem NPD-Verbot. Umgekehrt gibt es aber mit 66 Prozent eine deutliche Mehrheit, aus deren Sicht ein NPD-Verbot lediglich symbolische Bedeutung hätte. Nur 28 Prozent sehen darin ein "wirksames Mittel, um Rechtsextremismus zurückzudrängen". Bei den Altersgruppen gibt es hier das genau gegenteilige Bild: Je jünger die Befragten, je mehr zweifeln sie, dass das NPD-Verbot auch politisch wirksam sein könnte.

Untersuchungsanlage DeutschlandTrend

Grundgesamtheit: Wahlberechtigte Bevölkerung in Deutschland ab 18 Jahren
Stichprobe: Repräsentative Zufallsauswahl / Randomstichprobe
Erhebungsverfahren: Computergestützte Telefoninterviews (CATI)

Fallzahl: 1.001 Befragte
Erhebungszeitraum: 03. bis 04. Dezember 2012
Fallzahl Sonntagsfrage: 1.501 Befragte
Erhebungszeitraum: 03. bis 05. Dezember 2012

Fehlertoleranz: bei 1.000 Befragten 1,4* bis 3,1** Prozentpunkte
Fehlertoleranz: bei 500 Befragten 1,9* bis 4,4** Prozentpunkte