Energiegipfel im Kanzleramt Gezerre um Gabriels Meisterstück
Mit der Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes will Energieminister Gabriel ein Meisterstück vorlegen. Doch vor dem heutigen Energiegipfel mit den 16 Ministerpräsidenten ist die Wunschliste mit den Änderungen lang. Bereits in einer Woche soll das Kabinett die Reform auf den Weg bringen.
Sigmar Gabriel gibt sich gelassen. Seine Vorschläge zur Umgestaltung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes haben auf allen Seiten Protest hervorgerufen. Also könne er damit so falsch nicht liegen, betont der Energieminister immer wieder. Die Ökostrom-Reform soll so etwas wie sein Meisterstück werden. Es ist die erste Etappe auf dem langen Weg der Energiewende, und Gabriel gibt sich als ordnende Hand: "Die Energiewende wird in Deutschland derzeit ein wenig chaotisch betrieben und wir müssen sie planbarer machen."
Planbar heißt, der Zubau soll nun gesteuert werden, zum Beispiel bei der Windkraft. Werden in einem Jahr Windräder mit einer Gesamtleistung von 2500 Megawatt gebaut, sinkt die Förderung. Das finden die windreichen Nordländer wie Niedersachsen und Schleswig-Holstein gar nicht gut. Sie wollen wenigstens erreichen, dass das sogenannte "Repowering", also der Ersatz alter Anlagen durch neue, leistungsfähigere nicht in die Rechnung einbezogen wird.
"Wind an Land macht Strom erst günstig", argumentiert Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig und bekommt Unterstützung aus dem Süden, denn auch das weniger windreiche Baden-Württemberg möchte gern mehr Windräder aufstellen.
Den Bayern dagegen missfällt die geplante Begrenzung für Biomasse, das hat Ministerpräsident Horst Seehofer Gabriel noch bei der Kabinettsklausur in Meseberg wissen lassen. Seehofer befürchtet das Aus für viele Biogas-Anlagen, die eine gute Erwerbsquelle vor allem für bayrische Landwirte sind.
Jedes Land verfolgt seine eigenen Interessen, zum Ärger von Gabriel, der die Ministerpräsidenten bei jeder Gelegenheit mahnt, die Summe von Einzelinteressen sei nicht immer im Sinne des Gemeinwohls.
Es soll nicht teurer werden
Mit der massiven Beschneidung der Ökostrom-Förderung verfolgt Gabriel vor allem ein Ziel: Es darf nicht teurer werden. Auch wenn die EEG-Umlage nicht als Preisschild der Energiewende taugt, Gabriel hat sie zum Maß erkoren, nun muss er sich daran auch messen lassen. 23 Milliarden Euro zahlen die Stromverbraucher mittlerweile jährlich. Dass ist zuviel, meint der Minister. Viele Einsparmöglichkeiten hat er allerdings nicht. Für bestehende Anlagen gilt Bestandsschutz, also kann er nur die Förderung neuer Anlagen kürzen.
Bleibt noch eine gerechtere Verteilung der Kosten. Die EEG-Umlage zahlen die Stromverbraucher. Aber nicht alle zahlen gleich viel. Eigentlich wollte Gabriel die milliardenschweren Rabatte für die Industrie zugunsten einer gerechteren Kostenverteilung einschränken, vor allem für private Haushalte. Von fünf Milliarden Euro wollte er eine Milliarde umverteilen, hatte Gabriel zu Beginn gesagt. Nun muss er zufrieden sein, wenn seine Reform nicht Mehrkosten verursacht. Die Verhandlungen mit der EU-Kommission sollten ihm eigentlich helfen. In Brüssel kämpft er vor allem um die Entlastung der energieintensiven Industrie. Zu Hause musste er schon Abstriche machen.
Erste Änderung beim Eigenstromverbrauch
Denn eigentlich wollte Gabriel Unternehmen, die ihren Strom selbst erzeugen, künftig an der EEG-Umlage beteiligen. Doch der Widerstand war groß, nicht nur beim Koalitionspartner CDU, sondern auch in den eigenen Reihen. Auf einer eigens angesetzten Pressekonferenz äußerten die SPD-Ministerpräsidentinnen von Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen "die Bitte und Erwartung, dass der Vertrauensschutz bleibt". Das Ergebnis: Die Industrie wird weiter geschont. Es sei "die einzige Änderung", kommentierte Gabriel anschließend zähneknirschend. Ob das so bleibt?
Einigung noch nicht in Sicht
Kurz vor dem Treffen im Kanzleramt dämpft der Regierungssprecher vorsorglich die Erwartungen, er gehe noch nicht von einer vollständigen Einigung aus. "Man sei verhandlungsbereit" heißt es von Regierungsseite. Bei Eigenstrom und Biomasse könne man sicherlich etwas machen, vorausgesetzt es bleibe kostenneutral.
Soll heißen, wenn die Länder die Ökostrom-Förderung retten wollen, müssen sie an anderer Stelle etwas geben. Zum Beispiel beim Netzausbau, auch dieser umstrittene Punkt steht auf Tagesordnung. Ob Gabriel nach dem Treffen immer noch so entspannt ist? Er hat noch eine Woche um Änderungswünsche abzuwehren. Der Countdown läuft. Am 8. April soll sein Meisterstück, die EEG-Reform, im Kabinett verabschiedet werden.