E-Mobilität in Deutschland "E-Autos lösen CO2-Problem nicht"
Wird der Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Autos die CO2-Bilanz verbessern? Verkehrswissenschaftler bezweifeln das. Sie richten den Blick auf den öffentlichen Nahverkehr und alternative Antriebsformen.
Die Bundesregierung setzt mit dem "Masterplan Ladeinfrastruktur" beim Spitzentreffen mit der Automobilwirtschaft auf einen Ausbau der Ladeinfrastruktur für E-Autos. Dass das die CO2-Bilanz durch Elektroautos eklatant verbessern wird, bezweifelt aber Verkehrswissenschaftler Harald Kipke von der TH Nürnberg.
Es sei nicht absehbar, ob die milliardenschweren Investitionen der Bundesregierung eine Initialzündung für eine automatisierte Entwicklung im Verkehr fortsetzen. "Elektromobilität löst letztendlich Platzprobleme in den Städten überhaupt nicht", so Kipke. "Und auch nicht die CO2-Problematik."
Schwierige Rechnung beim Lebenszyklus
Akkus würden überwiegend in China mit Kohlestrom hergestellt. Ein E-Auto lohne sich auf den Lebenszyklus gesehen somit erst sehr spät, betont auch Christoph Buchal, Professor für Physik an der Universität zu Köln und Wissenschaftler am Forschungszentrum Jülich.
Dass bereits im Strommix für E-Autos über 38 Prozent aus erneuerbaren Energien bestehen, macht die elektrischen Fahrzeuge laut Verkehrswissenschaftler Kipke nicht automatisch umweltfreundlicher: "Ein höherer Anteil von erneuerbaren Energien im Energiemix geht irgendwo anders wieder weg. Was dem Automobil zugerechnet wird, wird irgendwo anders weggerechnet. Man muss die Rechnung schon gesamtheitlich machen. Ich bin noch nicht davon überzeugt, ob wir unseren CO2-Ausstoß damit reduzieren können".
Ausbau des öffentlichen Verkehrs
Ein alternativer Antrieb der Fahrzeuge ist laut Kipke nur ein Teil der Verkehrswende. "Die Zukunft liegt für mich ganz klar bei großen und bei mittleren Entfernungen im Ausbau des öffentlichen Verkehrs. Und bei kürzeren Entfernungen im Fahrrad- und Fußgängerverkehr." Auch Buchal spricht sich für einen Ausbau der Bahn aus, sie sei die "Königin der Elektromobilität".
Dafür ist aber laut Kipke eine neue Verkehrsinfrastruktur nötig. Bahnstrecken und Nahverkehr müssten auch im ländlichen Raum viel stärker ausgebaut werden wie auch Radwege und breitere Gehwege in den Städten. "Dass es auch mehr Spaß macht, mit dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs zu sein, ohne dass ich mich ängstigen muss", so Kipke. Der Bundesverkehrswegeplan sei ein "hehres Ziel", aber es müsse zu einer Verlagerung hin zu den umweltfreundlichen Verkehrssystemen kommen. "Das heißt weniger Autos", sagt Kipke.
Synthetische Kraftstoffe als Alternative
"Weg mit dem Tunnelblick!", sagt Buchal mit Blick auf die Konzentration auf eine Antriebstechnologie. Er fordert, dass verstärkt Forschungsprogramme für synthetische Kraftstoffe gefördert werden. "Wie beim Biokraftstoff E10 wäre anfangs kein kompletter Systemwechsel an der Tankstelle nötig, es könnten bestehende Kraftstoffe um erneuerbare Energien ergänzt werden", sagt er. Auch der verstärkte Einsatz speicherbarer Kraftstoffe wie Gas und Wasserstoff wäre Buchal zufolge eine grüne Antriebsalternative.