Bundestag Patientenakte als App ab 2021
Alle Diagnosen, Medikamente und Rezepte in einer App - das soll ab kommendem Jahr die elektronische Patientenakte bieten. Die Nutzung ist freiwillig. Heute beschloss der Bundestag das Gesetz.
Wer möchte, kann ab nächstem Jahr die "ePA", die elektronische Patientenakte, nutzen. Das Ziel: Jeder Arzt und jede Ärztin haben auf einen Blick alle Informationen, die sie für die Behandlung brauchen - ob Medikamente, Befunde oder frühere Operationen. Das sieht auch die Bundesärztekammer positiv.
Erik Bodendieck ist dort für Digitalisierung zuständig und selbst Hausarzt. Er kennt die Probleme mit der Zettelwirtschaft bisher: "Ein Patient kommt aus dem Krankenhaus zu mir. Dort kriegt er zwar einen vorläufigen Arztbrief mit, aber da sind zum Beispiel die Laborwerte nicht drin. Ich greife zum Telefonhörer, besorge mir die Laborwerte per Fax oder lasse mir die durchsagen - das kostet einfach Zeit. So kann ich dann auf die Akte zugreifen, auf die Laborwerte, Sonografiebefunde, Röntgenbefunde oder ähnliches."
Dafür müsse natürlich die Technik gut funktionieren. Bisher seien nicht alle Systeme kompatibel, um Daten zwischen Krankenhäusern, Apotheken, Praxen und dann mit der App gut auszutauschen. Für Erik Bodendieck ist deshalb klar: Bis das alles läuft, kann es etwas dauern. Und extra Aufwand ist es für die Ärzteschaft auch. Das Gesetz sieht deshalb vor, dass die "Befüllung" der App mit zehn Euro vergütet wird.
Mutterpass, Impfausweis und Bonusheft
Die Regierungskoalition hofft, dass viele die ePA nutzen. Anders als die elektronische Gesundheitskarte, die allerdings so gut wie keine Funktionen hatte. Was dagegen die App können soll, zählt Tino Sorge, der zuständige Berichterstatter der CDU/CSU, auf: "Also das eRezept, um meine Rezepte direkt digital einlösen zu können im Idealfall. Das Bonusheft für den Zahnersatz, das jeder ständig sucht. Mutterpass, Impfausweis, das gelbe U-Heft für die Kinderuntersuchungen. Je mehr solche Anwendungen durch die ePA zum Laufen kommen, desto höher wird die Akzeptanz sein."
Impfausweis, Bonusheft und Mutterpass - das kann alles erst ab 2022 in der App gespeichert werden.
Nicht alle Berufsgruppen mit dabei
Für die Opposition reicht das Angebot nicht aus, etwa was die beteiligten Berufsgruppen angeht. Die Grünen kritisieren, dass zwar Physiotherapeuten dabei sind, nicht aber Ergotherapeuten oder Logopäden. Maria Klein-Schmeink, gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen: "Mit Rheuma, mit MS, mit Parkinson - da haben wir sehr oft das Zusammenwirken von verschiedenen Leistungserbringern. Es würde dem chronisch Kranken sehr helfen, wenn er alle auf einen Informationsstand bringen kann und nicht mehr selbst mit irgendeiner Verordnung in Papierform hinrennen muss."
Kritik am Datenschutz
Die Regierung hätte die Patienten fragen sollen, was sie bei digitalen Angeboten brauchen. So sei es nicht richtig gemacht, findet auch die FDP - und zwar vor allem, was den Datenschutz angeht. Die gesundheitspolitische Sprecherin Christine Aschenberg-Dugnus betont: "Nach dem Prinzip alles oder nichts, kann der Patient nicht entscheiden, wer welche Daten einsehen kann. Und im ersten Jahr ist es so, dass dann der Zahnarzt sehen kann, wenn Sie drei Monate vorher als Frau einen Schwangerschaftsabbruch hatten."
Obwohl die FDP für die elektronische Patientenakte ist, wird die Fraktion deshalb gegen das Gesetz stimmen. Auch der Bundesdatenschutzbeauftragte kritisiert die pauschale Regelung und behält sich juristische Schritte vor. Im Gesetz steht aber schon, dass Patientinnen und Patienten ab 2022 entscheiden können, wer welche Infos einsehen darf. Bei der elektronischen Patientenakte heißt es im nächsten Jahr also: Erst mal loslegen. Das Angebot "nütze und schütze" auch dann schon, betont der Bundesgesundheitsminister. Es wird aber in den nächsten Jahren noch ausgebaut.