Unionsinterner Asylstreit Tag der Entscheidung
Die Parteispitzen von CDU und CSU beraten heute in getrennten Sitzungen über die Asyl-Vereinbarungen des EU-Gipfels. Die Ergebnisse der Treffen sollen auch über die Zukunft der Union entscheiden.
Es geht um eine Lösung im unionsinternen Asylstreit: Die Parteigremien von CDU und CSU wollen heute in getrennten Sitzungen die Asyl-Vereinbarungen des EU-Gipfels bewerten und das weitere Vorgehen erörtern.
Der CSU-Vorstand und die CSU-Bundestagsabgeordneten kommen um 15 Uhr in München zusammen. Die CDU-Spitze trifft sich ab 17 Uhr in Berlin im Kreis des Präsidiums. Um 19 Uhr kommt der Bundesvorstand zusammen. Im Anschluss wollen beide Parteien die Presse über Ergebnisse unterrichten.
Die CSU muss entscheiden, ob sie die Asyl-Vereinbarungen des EU-Gipfels als ausreichend betrachtet. Andernfalls hatte der CSU-Vorsitzende und Innenminister Horst Seehofer mit Flüchtlingszurückweisungen an der deutschen Grenze gedroht.
Zusagen von EU-Ländern?
In einem Schreiben Merkels, das auch dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt, listet die Kanzlerin 14 Staaten auf, von denen es "Zusagen auf politischer Ebene" gebe, Verwaltungsabkommen zur beschleunigten Rückführung im Rahmen der Dublin-Verordnung zu schließen. Dies seien Belgien, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Litauen, Lettland, Luxemburg, die Niederlande, Polen, Portugal, Schweden, Tschechien und Ungarn.
Allerdings wiesen offenbar Tschechien, Polen und Ungarn Berichte über eine solche Vereinbarung zurück. In Prag erklärte Ministerpräsident Babis, Deutschland sei nicht an sein Land herangetreten, und man lehne solche Verhandlungen auch ab. Ein Sprecher der Bundesregierung bekräftigte dagegen am Abend, die tschechische Seite habe sehr wohl ihre Bereitschaft in dieser Frage erklärt. Auch Ungarns Ministerpräsident Orban bestritt, Merkel Zusagen zur beschleunigten Rückführung von Asylbewerbern gemacht zu haben.
Keine Details zu Treffen Merkels mit Seehofer
Am Abend hatte sich Merkel zunächst mit CSU-Chef Seehofer im Kanzleramt getroffen. Über Ergebnisse des zwei Stunden währenden Zweiergesprächs wurde allerdings nichts bekannt.
Die CDU-Spitze stellte sich demonstrativ hinter ihre Vorsitzende. Nach Volker Bouffier stärkten zwei weitere Stellvertreter der Kanzlerin den Rücken. Armin Laschet, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, sagte der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung", der EU-Gipfel habe ein "besseres Ergebnis erzielt, als wir noch vor ein paar Tagen erwarten durften". Er hoffe, dass nationale Alleingänge jetzt vom Tisch seien.
Koalitionspartner informiert
Bereits am Freitag hatte Merkel die Koalitionspartner in getrennten Telefonaten über der Ergebnisse ihrer EU-Verhandlungen zu einer besseren Steuerung der Migration informiert. Seither kommen von der CSU überwiegend Signale, die auf eine Beilegung des unionsinternen Streits über die Zurückweisung bestimmter Migranten an der deutschen Grenze hindeuten.
"Es geht absolut in die richtige Richtung"
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder lobte die Ergebnisse des EU-Gipfels.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hatte zuvor erklärt: "Es geht absolut in die richtige Richtung". Der CSU-Politiker fügte aber hinzu, dass viele Beschlüsse vage und ungenau seien. Die Beschlüsse von Brüssel seien aber mehr, als ursprünglich erwartet werden konnte.
"Man kann sagen: Bei diesem Gipfel wäre sicher nicht so viel erreicht worden, hätte Bayern nicht vorher soviel Druck gemacht. Bayern hat da sehr viel bewegt." Klar sei aber auch, dass die Zeitpläne sehr lang seien und viele Vereinbarungen auf Freiwilligkeit basierten.
CDU und SPD mahnen zur Einigung
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) warnte die CSU vor einem Alleingang und rief die Schwesterparteien auf, sich zusammenzuraufen. Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) erklärte im "Tagesspiegel", die Kanzlerin habe "alles getan, um zu einer Lösung des Konflikts zu kommen". Die Vereinbarungen beim EU-Gipfel ließen ihn auf eine Einigung der Union hoffen.
SPD-Chefin Andrea Nahles verlangte von der CSU, "wieder zur Vernunft zu kommen" und "die Instrumentalisierung dieses Themas jetzt einzustellen". Sie betonte, dass aus ihrer Sicht "Alleingänge und Zurückweisungen an der Grenze vom Tisch sind". Für die geplante Einrichtung zentraler Sammellager in der EU müssten Unterbringungsstandards verbessert werden. Es dürften keine geschlossenen Einrichtungen sein, was Merkel auch versichert habe.