Rügen vom EuGH Deutschland hat nicht genug für Naturschutz getan
Laut Habitat-Richtlinie müssen EU-Staaten konkrete Schutzräume ausweisen. Aber Deutschland tat das nicht rechtzeitig und legte nicht immer konkrete Schritte fest. Jetzt gab es dafür Rügen vom EuGH.
Bei den Kosten wird deutlich, wie der Europäische Gerichtshof (EuGH), das oberste Gericht der EU, die Sache sieht: Deutschland muss sämtliche Kosten des Gerichtsverfahrens tragen - hat also aus Sicht der Richterinnen und Richter im Wesentlichen verloren.
Tatsächlich wird Deutschland im Urteil mehrfach gerügt. Vor allem, dass bei uns die Vorgaben der europäischen Habitat-Richtlinie nicht rechtzeitig umgesetzt wurden.
Vorgaben schon seit mehr als 30 Jahren
Seit 1992 gibt es dieses Gesetz der EU. Es soll dafür sorgen, dass natürliche Lebensräume in den Mitgliedsländern erhalten werden. Ab 2012 hat die EU-Kommission Deutschland mehrfach darum gebeten, mitzuteilen, welche Schutzgebiete bei uns offiziell ausgewiesen werden.
2020 teilte Deutschland mit: Jetzt stünden die meisten der mehr als 4.000 Schutzgebiete fest - außer in Niedersachsen, wo noch 88 Gebiete auszuweisen seien. Die Kommission hatte auch bei anderen Ländern Druck gemacht, zum Beispiel bei Irland und Griechenland. Und weil Deutschland nicht fristgemäß für Naturschutz gesorgt habe, wurde Deutschland ebenfalls verklagt.
Deutschland hätte schneller handeln müssen
Der Europäische Gerichtshof stellt jetzt fest: Ja, Deutschland ist seinen Verpflichtungen nicht rechtzeitig nachgekommen. Eva Lohse, Professorin für Umweltrecht aus Bayreuth, fasst es so zusammen: Zum einen habe es bestimmte Gebiete noch nicht ausgewiesen, die es hätte ausweisen müssen. Zum anderen habe Deutschland in Gebieten, die schon als Schutzgebiete ausgewiesen sind, noch nicht festgelegt, welche Ziele eigentlich erreicht werden sollen und welche Maßnahmen ergriffen werden.
Das heißt: Die Bundesregierung hätte auch für die letzten 88 Gebiete detailliert aufschreiben müssen, welche Umweltziele erreicht werden sollen. Deutschland muss also nacharbeiten - und das ist keine Kleinigkeit. Für mehr als 700 Gebiete muss auch noch festgelegt werden, wie denn die Natur erhalten werden soll.
Vor allem Niedersachsen müsse sich in den kommenden Jahren anstrengen, sagt Lohse. Die Kommission werde wohl sehr viel genauen hinsehen, was passiert. Und wahrscheinlich werde nach einiger Zeit überprüft, ob die Umsetzung wie versprochen lief.
Allerdings fanden die Richterinnen und Richter die EU-Kommission in einigen Punkten dann doch zu streng. Die Mitgliedsstaaten müssten nicht immer genau im Detail festschreiben, wie der Erfolg messbar ist. Den Erfolg konkret messen - das sei davon abhängig, welche Messung wissenschaftlich überhaupt möglich ist.
Keine Strafzahlung
Der Gerichtshof hat damit also nur festgestellt, dass Deutschland zu wenig für den Naturschutz getan hat. Eine Strafzahlung ist damit noch nicht fällig. Aber, so Umweltrechtlerin Lohse: "Wenn das mit der Umsetzung weiterhin nicht erfolgt oder nicht zur Zufriedenheit der Europäischen Union erfolgt, dann kann ein zweites Verfahren vor dem EuGH tatsächlich zu Sanktionszahlungen führen."
Sicher ist: Die EU-Kommission wird dranbleiben.