Schutz gegen Masern Impfpflicht - warum, wie und für wen?
Kita-Verbot und Geldstrafen: Gesundheitsminister Spahn will die Masernimpfpflicht per Gesetz. Für wen sie gelten soll und wie er sie durchsetzen will - Antworten auf wichtige Fragen im Überblick.
Was sind Masern?
Die Masern sind eine hochansteckende fieberhafte Virenerkrankung. Ihr Verlauf ist oft langwierig und kann, vor allem bei ohnehin abwehrgeschwächten Menschen, zu schweren Komplikationen wie Lungen- oder Hirnhautentzündungen führen.
Die Ansteckung verläuft meist über das Einatmen von infektiösen Tröpfchen, die Erkrankte beim Sprechen, Husten oder Niesen ausstoßen. Bis erste Symptome auftreten, vergehen in der Regel acht bis 14 Tage. Schon drei bis fünf Tage vor dem Auftreten von Symptomen können Infizierte die Krankheit weiter verbreiten - ohne zu wissen, dass sie selbst erkrankt sind. Die Krankheit trifft nicht nur Kleinkinder. Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) steigt seit einigen Jahren der Anteil von Erkrankten, die über zehn Jahre sind.
Warum wird über die Krankheit diskutiert?
In die Schlagzeilen gekommen sind Masern unter anderem, weil die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und das UN-Kinderhilfswerk Unicef vor einer zunehmenden Ausbreitung der Masern warnen. 2018 stieg die Zahl der gemeldeten Infektionen demnach um 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Auch in Deutschland kam es immer wieder zu Ausbrüchen, so dass die WHO Deutschland seit 2017 wieder als Land mit örtlich begrenzt auftretender Masernverbreitung einstuft. Unter anderem in Bayern, Berlin, Hessen und Nordrhein-Westfalen sei es in den vergangenen Jahren zu großen Ausbrüchen gekommen, schreibt das Bundesgesundheitsministerium im aktuellen Gesetzentwurf. Angestiegene Fallzahlen seien auf "fortschreitende Impfmüdigkeit" zurückzuführen.
Warum will Spahn eine gesetzliche Impfpflicht?
Ziel des Gesetzes ist es laut Entwurf die Impfrate in Deutschland deutlich zu steigern, um so die von der WHO vorgegebenen Ziele zu erreichen. Die Organisation will die Masern eliminieren. Das könne laut WHO aber nur erreicht werden, wenn mindestens 95 Prozent der Bevölkerung über eine ausreichende Immunität gegen die Masern verfügen und damit ein sogenannter Herdenschutz ausgebildet wird. Nach Angaben des RKI liegt die Quote in Deutschland bei 93 Prozent. Von hohen Impfquoten in ihrem Umfeld würden vor allem Kleinkinder unter einem Jahr profitieren, da sie selbst noch nicht geimpft werden können.
Die von WHO angestrebte Impfquote erreichten 2017 nur vier EU-Staaten: Schweden, Ungarn, die Slowakei und Portugal. Das geht aus einem Schreiben des EU-Kommissionsvizepräsident Jyrki Katainen hervor, das der Funke-Mediengruppe vorliegt. Schlusslichter waren demnach Frankreich, Österreich, Rumänien, Griechenland und Malta.
Warum soll man zwei Mal gegen Masern impfen?
Experten gehen davon aus, dass eine Elimination der Krankheit vorliegt, wenn in Deutschland eine endemische Übertragung der Masern über mindestens zwölf Monate nicht mehr zu beobachten ist. Dafür muss bei mindestens 95 Prozent der Bevölkerung eine ausreichende Immunität vorliegen. Die ständige Impfkommission empfiehlt deswegen zwei Impfungen bis zum Ende des zweiten Lebensjahres, damit die Kinder bereits in der Kita geschützt sind.
Es handelt sich bei der zweiten Impfung um keine Auffrischung, sondern um eine Wiederholung. Denn durch die erste Impfung wird bei 90 bis 95 Prozent der Kinder ein Schutz erreicht; die restlichen fünf bis zehn Prozent sollen durch die zweite Impfung geschützt werden.
Für wen soll die Impfpflicht gelten?
Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Kinder an Einrichtungen wie Schulen, Kitas, Kindergärten, Heimen und Ferienlagern einen Impfschutz oder eine Immunität gegen Masern aufweisen müssen. Das Gesetz soll auch für alle an solchen Einrichtungen Tätige gelten: also Lehrer, das Erziehungs- und Pflegepersonal sowie Hausmeister, Küchen- und Reinigungskräfte - sofern ein Kontakt zu Kindern erfolgt. Die Regelung soll außerdem für medizinisches Personal gelten.
Wie will Spahn die Impfpflicht durchsetzen?
Kinder ohne Masern-Impfschutz sollen laut Entwurf künftig keine Kita besuchen dürfen. Bei Schulen sei dies nicht möglich, da dort die Schulpflicht gelte, erklärte der Minister. Hier drohten aber Bußgelder bis 2500 Euro, die durch die Gesundheitsämter veranlasst würden.
Die Pläne des Gesundheitsministeriums sehen vor, dass künftig jeder approbierte Arzt in der Lage sein soll, Impfungen durchzuführen - unabhängig von seinem Fachbereich. Die Kosten von rund 60 Euro pro Impfung übernehmen die Krankenkassen.
Der Gesetzentwurf sieht außerdem die Einführung eines digitalen Impfausweises vor. So soll eine automatisierte Erinnerung an Impftermine möglich sein. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung soll außerdem verpflichtet werden, regelmäßig und umfassend über Impfungen zu informieren.