Anklage in München Mordplan im Auftrag Tschetscheniens?
Die Bundesanwaltschaft hat Anklage gegen einen russischen Staatsbürger wegen Mordplänen an einem Oppositionellen aus Tschetschenien erhoben. Der Auftrag soll aus dem Umfeld von Machthaber Kadyrow gekommen sein.
Die Bundesanwaltschaft hat einen Mann wegen eines mutmaßlich staatlich geplanten Auftragsmords an einem Kritiker der tschetschenischen Führung vor dem Oberlandesgericht (OLG) München angeklagt. Die Karlsruher Behörde wirft dem russischen Staatsbürger Walid D. vor, sich zu dem Mord bereit erklärt zu haben.
Zudem werden ihm vor dem Staatsschutzsenat des OLG das Vorbereiten einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat und Verstöße gegen das Waffengesetz zur Last gelegt, wie die Bundesanwaltschaft mitteilte.
Mord an Oppositionellem geplant
Der Behörde zufolge hatte der Angeklagte 2020 den Auftrag bekommen, den Mord an einem in Deutschland lebenden Exil-Oppositionellen zu organisieren. Er habe sich eine Schusswaffe samt Munition und Schalldämpfer besorgt und das Opfer ausgespäht. Den Mord selbst sollte jemand anderes übernehmen, der den Auftrag jedoch aus Angst vor Repressalien nur zum Schein angenommen habe.
Der Angeschuldigte sei im September 2020 von Deutschland nach Tschetschenien gekommen, um den vermeintlichen Attentäter in die Bundesrepublik zu schleusen. Nach ihrer Ankunft dort hätten sie Schießen geübt, einen geeigneten Tatort gesucht und den Wohnort des Opfers ausgekundschaftet.
Auftrag aus Kadyrow-Umfeld?
Den Auftrag erteilt haben soll ein Mitglied des Sicherheitsapparats um den tschetschenischen Präsidenten Ramsan Kadyrow. "Das avisierte Opfer sowie dessen Bruder sind Kritiker des Kadyrow-Regimes und treten in sozialen Medien für ein unabhängiges Tschetschenien ein", hieß es.
Nach Recherchen des MDR und des "Spiegels", die vergangenes Jahr zuerst über die Ermittlungen berichtet hatten, galten die Mordpläne dem Oppositionellen Mochmad Abdurachmanow. Auf dessen Bruder, den Blogger Tumso Abdurachmanow, war im Februar 2020 in Schweden ein Mordanschlag verübt worden. Zwei Russen wurden deshalb zu langen Haftstrafen verurteilt.
Wie der "Spiegel" berichtet, lebte Mochmad Abdurachmanow als Asylbewerber in Bayern. Mit dem Mord habe der Bruder zum Schweigen gebracht werden sollen, argumentierte die Bundesanwaltschaft. Sie selbst nennt keine Namen der Opfer.
Angeklagter bestreitet Vorwürfe
Der Verteidiger des Mannes sagte dem "Spiegel", sein Mandant bestreite die Vorwürfe. An Neujahr 2021 wurde der Beschuldigte aufgrund eines Haftbefehls des Amtsgerichts Augsburg in Schwerin festgenommen. Er kam in Untersuchungshaft. Das Münchner OLG muss nun entscheiden, ob es die Anklage zulässt und ein Verfahren ansetzt.
Kritiker werfen Kadyrow eine brutale Herrschaft mit Clan-Strukturen und korrupten Beamten vor. Der Präsident der russischen Teilrepublik Tschetschenien gilt als treuer Verbündeter von Russlands Präsident Wladimir Putin.