Habeck zum Protest gegen rechts "Demokratie lebt von Menschen, die dafür aufstehen"
Vizekanzler Habeck hat sich von den Massendemonstrationen für Demokratie und gegen Rechtsextremismus beeindruckt gezeigt. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung sagte, es brauche "mehr als ein paar Mal auf die Straße zu gehen".
Vizekanzler Robert Habeck hat die bundesweiten Demonstrationen gegen Rechtsextremismus gelobt und als ermutigendes Zeichen für die Demokratie bezeichnet. "Es ist beeindruckend zu sehen, wenn jetzt viele Menschen jetzt auf die Straße gehen und Flagge zeigen für unsere Demokratie", sagte der Grünen-Politiker der "Augsburger Allgemeinen". Demokratie lebe "von den Menschen, die dafür aufstehen", betonte Habeck.
Habecks Parteikollegin, Außenministerin Annalena Baerbock, rief zu einem breiten Kampf gegen Rechtsextremismus auf. Um zu verhindern, dass Verfassungsfeinde die Demokratie angreifen, müsse man sich "mit allen Kräften" dagegen stellen. "Wir müssen das klar benennen und nicht mehr von Wutbürgern, von Besorgten, von Rechtspopulisten sprechen, sondern von denen, die unsere Verfassung angreifen", sagte Baerbock auf dem Landesparteitag der Brandenburger Grünen.
Integrationsbeauftragte: Für vielfältige Gesellschaft einstehen
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan, sagte, die Proteste seien "gut und wichtig", forderte gleichzeitig aber weiteren Einsatz. "Wir brauchen ein gesamtgesellschaftliches Bündnis", sagte die SPD-Politikerin "Zeit Online". "Und das bedeutet mehr als ein paar Mal auf die Straße zu gehen."
Alle müssten für die vielfältige Gesellschaft einstehen, so Alabali-Radovan weiter. "Das heißt, das Gespräch suchen: im Verein, am Arbeitsplatz, in der Familie und unter Freunden. All den rassistischen Sprüchen widersprechen, von denen immer behauptet wird, die wären gar nicht so gemeint."
Politikwissenschaftlerin: Wichtig, was nach den Protesten passiert
Politikwissenschaftlerin Ursula Münch, Direktorin der Akademie für politische Bildung in Tutzing, glaubt hingegen nicht, dass sich die Protestwelle zu einer langanhaltenden Bewegung entwickelt. "Das ist immer etwas, das im Grunde relativ kurze Zeit öffentliche Aufmerksamkeit erhält und dann meistens wieder versickert", sagte sie im Interview mit dem Deutschlandfunk.
"Und dann bleibt die Frage - die in meinen Augen die wichtigere ist - was machen die Leute, die an den Demonstrationen teilgenommen haben?" Wichtig sei, dass die Demonstranten ihre Bedenken und Sorgen weitertrügen, also zu Multiplikatoren werden, mahnte Münch.
Sie warnte zugleich vor der Gefahr eines unerwarteten und unerwünschten Effekts der Solidarisierung mit Parteien wie der AfD durch die Massendemonstrationen. "Man muss daran denken, dass man diejenigen, die im Grunde noch nicht so von der AfD überzeugt sind, nicht ausgrenzt, dass ihnen nach eigener Wahrnehmung keine andere Tür mehr offen bleibt." Sie hoffe daher, dass man nicht gegen, "sondern vor allem für etwas demonstriert".
Weil: "Gelebter Verfassungsschutz"
Deutschlandweit haben in den vergangenen Tagen Hunderttausende gegen Rechtsextremismus und für die Demokratie demonstriert. Das Netzwerk Campact sprach von etwa einer halben Millionen Menschen, die am Freitag und Samstag auf die Straßen gegangen seien. Von einem "Wochenende der Hoffnung", sprach der Geschäftsführende Vorstand Christoph Bautz. Spitzenpolitiker unterschiedlicher Parteien stellten sich hinter die Kundgebungen.
Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil hatte bei der Demonstration in Hannover vom "gelebten Verfassungsschutz" gesprochen. Er rief dazu auf, "überall da, wo sich die Möglichkeit bietet, klare Kante gegen rechts" zu zeigen und für Demokratie und Menschenrechte einzutreten. "Dann hat Deutschland eine gute Zukunft", sagte Weil. Zahlreiche weitere Politiker und Vertreter von gesellschaftlichen Organisationen hatten sich in den vergangenen Tagen lobend hinter die Massenproteste gestellt.