SV Elversberg Fußballmärchen trifft auf Wirklichkeit
Saarlands Fußballmärchen hat einen Namen: SV Elversberg. Der Verein steigt in die zweite Bundesliga auf als kleinstes Dorf im deutschen Spitzenfußball. Doch damit fangen die Probleme erst an.
"Nie mehr dritte Liga!", singen die rund 7800 Fans der SV Elversberg und stürmen ausgelassen auf den Rasen. Gold-Glitter wird mit Kanonen in den Himmel geschossen, die Spieler haben Tränen in den Augen, lassen ihren Trainer hochleben. Feierstimmung im kleinen saarländischen Ort Elversberg.
Bundesliga! Spieler der SV Elversberg feiern den Aufstieg
Am Samstag, 21. Mai 2023, schafft die Sportvereinigung 07 Elversberg - oder einfach nur kurz die SVE - Sensationelles: Nach nur einer Saison in der dritten Bundesliga steigt der Dorfverein in die zweite Liga auf. Die Augen der Fans strahlen schon jetzt beim Gedanken an große Fußballspiele: Traditionsvereine wie der 1. FC Kaiserslautern, Fortuna Düsseldorf oder Schalke 04 werden in der kommenden Saison auf dem Elversberger Rasen auflaufen. Sie alle werden ihre Fans mitbringen. Die Ursapharm-Arena, das Stadion, das von den Saarländern noch immer nur "Kaiserlinde" genannt wird, soll brodeln.
Doch einer kann sich nicht so richtig freuen. Bernd Huf, parteiloser Bürgermeister der saarländischen Gemeinde Spiesen-Elversberg hat jetzt nämlich ein Problem. "Uns fehlt eigentlich alles", sagt er. Huf sitzt am Besprechungstisch in seinem Büro im Rathaus in Spiesen, dem früheren Nachbarort von Elversberg. In den 1970er-Jahren wurden die beiden Kommunen zusammengelegt, 13.000 Menschen leben hier inzwischen. Der Bürgermeister rauft sich die Haare. Seine Gemeinde ist alles andere als zweitligatauglich.
Zweitligatauglich muss das Stadion erst noch werden.
Kein Bahnhof, keine Parkplätze, keine Infrastruktur
Es gibt keinen Bahnhof in Elversberg, Parkplätze direkt am Stadion sind rar. Rund 450 Autos finden auf den umliegenden Flächen Platz. Ein Shuttle zum Stadion gab es bisher nur vom gut dreieinhalb Kilometer entfernten Autobahnparkplatz Heinitz. Eine direkte Buslinie aus dem Umland zur Ursapharm-Arena gibt es nicht. Schon bei den Regionalliga-Spielen der SVE mit maximal 7800 Zuschauern wurde es verkehrstechnisch ziemlich eng in Elversberg und Umgebung.
Ist das Stadion erst mal umgebaut - noch eine Baustelle auf dem Weg zur Zweitligatauglichkeit - soll es 15.000 Menschen fassen. "Das packt der Ort einfach nicht", befürchtet Huf. Da müsse gerade mit Blick auf die Infrastruktur einiges passieren - und das schnell.
Bürgermeister Bernd Huf: "Uns fehlt eigentlich alles."
Aber nicht nur der Verkehr ist ein Problem. Elversberg ist für so viele Besucher gar nicht gerüstet. Im Ort gibt es gerade mal ein Hotel. Auswärtige Fußballfans werden für die Übernachtung wohl in die umliegende Kreisstadt Neunkirchen oder gleich in die Landeshauptstadt Saarbrücken ausweichen müssen.
An vielen Schrauben kann die Gemeinde Spiesen-Elversberg nicht selbst drehen. Die Straße, die am Stadion vorbeiführt und ausgebaut werden muss, ist eine Landstraße, die Autobahnausfahrt, die nach Ansicht des Bürgermeisters verlängert werden müsste, fällt in den Zuständigkeitsbereich des Bundes. Für Bürgermeister Huf ist klar: "Das können wir nur gemeinsam mit der Landesregierung lösen." Schon vor Wochen hatte sich Huf deshalb an die saarländische Staatskanzlei gewandt, damit von dort ein Treffen unter anderem mit dem Innenministerium und anderen Beteiligten auf den Weg gebracht wird, um die zahlreichen Fragen zu klären - nicht zuletzt auch, wer das Ganze bezahlen soll.
Aufstiegsfeier auf dem Rathausbalkon - standesgemäß und doch provisorisch
Den Umbau des Stadions, das ist schon klar, zahlt der Verein. Schon am Montag nach dem Aufstiegswochenende rollen die Bagger an in der Ursapharm-Arena. Die Pläne für den Stadionumbau liegen seit Monaten in den Schubladen. Doppelt so viele Fans wie bisher, 15.000 Menschen sollen nach dem vollständigen Umbau in Elversberg Platz haben. 2025 soll es soweit sein. Bis dahin will sich der Verein mit einer Übergangslösung behelfen: Stahlrohrtribünen sollen in der Sommerpause installiert werden, damit das Stadion zum Start in die Zweite Bundesliga 10.000 Fans empfangen kann.
Trotz aller Herausforderungen, die auf den Club und auf die kleine Gemeinde Spiesen-Elversberg zukommen, ist aber auch ein großer Stolz zu spüren. Vor dem Rathaus in Spiesen-Elversberg wehen die Vereinsfahnen der SV Elversberg, und für die Aufstiegsfeier hat Bürgermeister Huf extra einen Balkon eingerichtet. Sein kleines Rathaus hat eigentlich nur ein Vordach. Das wurde mit Baugerüsten abgesichert, damit Spieler, Trainer und Fans ihr saarländisches Fußballmärchen standesgemäß feiern konnten. 17 Jahre nach dem Abstieg des 1. FC Saarbrücken aus der Zweiten Bundesliga hat das Saarland nun endlich wieder einen Club im deutschen Spitzen-Fußball.