Inklusion im Arbeitsmarkt Höhere Abgaben für Betriebe ohne Behinderte
Menschen mit Behinderung sollen künftig mehr Chancen erhalten - auch außerhalb von Werkstätten. Der Bundestag hat ein Gesetz zur Förderung des inklusiven Arbeitsmarkts beschlossen. Für viele Betriebe ohne Schwerbehinderte wird es künftig deutlich teurer.
Der Bundestag hat einen Gesetzentwurf beschlossen, mit dem die Integration von Menschen mit Behinderung in den Arbeitsmarkt verbessert werden soll. Das Gesetz sieht insbesondere vor, dass Firmen höhere Abgaben zahlen, wenn sie trotz Verpflichtung keine Menschen mit Behinderung beschäftigen.
Unter anderem soll die sogenannte Ausgleichsabgabe geändert werden. Die müssen Firmen zahlen, wenn sie keine Schwerbehinderten beschäftigen, obwohl sie dazu verpflichtet sind. Für Arbeitgeber mit mindestens 60 Arbeitsplätzen gilt künftig, dass sie pro nicht besetztem Pflichtarbeitsplatz 720 Euro monatlich zahlen müssen - bislang ist es die Hälfte.
Betriebe mit 40 bis 59 Beschäftigten müssen zwei Arbeitsplätze für behinderte Menschen vorsehen, Betriebe mit weniger als 40 Angestellten einen. Die Ausgleichsabgabe ist umso höher, je weniger die Betriebe ihren Verpflichtungen nachkommen.
Gesetz gilt ab 2024
Die höhere Abgabe soll Anfang 2024 eingeführt werden, zu zahlen wäre sie dann erstmals im Frühjahr 2025. Die Mittel aus der Ausgleichsabgabe sollen für die Förderung der Beschäftigung von Menschen mit Schwerbehinderungen auf dem Arbeitsmarkt eingesetzt werden.
Außerdem sehen die Pläne eine sogenannte Genehmigungsfiktion für Anträge beim Integrationsamt vor. Anträge, über die das Amt nicht innerhalb von sechs Wochen entscheidet, gelten dann als genehmigt. Die Arbeitgeber sollen zudem durch einheitliche Ansprechstellen unterstützt und beraten werden.
Abgeschafft wird mit dem Gesetzentwurf künftig die sogenannte Bußgeldregelung. Bislang müssen Arbeitgeber, die keinen einzigen Menschen mit Schwerbehinderung beschäftigen, zusätzlich zur Ausgleichsabgabe ein Bußgeld von bis zu 10.000 Euro zahlen. Angesichts der künftig erhöhten Ausgleichsabgabe erscheine das nicht mehr angemessen, heißt es zur Begründung im Entwurf.
VdK: Erhöhung der Ausgleichsabgabe ist "eine gute Sache"
Der Sozialverband VdK begrüßte den Gesetzentwurf. Verbandspräsidentin Verena Bentele sah darin das Bekenntnis der Politik, "dass Menschen mit Behinderungen einen wichtigen Beitrag leisten können, um den Fachkräftemangel zu beseitigen", wie sie dem Südwestrundfunk (SWR) im Vorfeld der Abstimmung sagte. Die Erhöhung der Ausgleichsabgabe "ist eine gute Sache, weil Unternehmen monetär spüren, dass eine gesetzliche Verpflichtung besteht", sagte Bentele weiter.
Die Arbeitgeber rief sie zu mehr Flexibilität bei der Ausgestaltung der Tätigkeiten auf. Für körperlich oder geistig eingeschränkte Frauen und Männer müsse es "Arbeitsplätze geben, die den Fähigkeiten und Möglichkeiten der Menschen entsprechen."
Unionsfraktion stimmte gegen den Entwurf
Für den Gesetzentwurf hatten die Fraktionen der Ampelparteien sowie die Linke gestimmt. Die AfD-Abgeordneten enthielten sich. Die Unionsfraktion stimmte dagegen. Die Ausgleichsabgabe sollte nicht verändert werden, kritisierte sie. Ihrer Ansicht nach besteht eher ein Vermittlungsproblem als ein Problem fehlender Bereitschaft vonseiten der Unternehmen.
Die AfD forderte derweil eine jährliche Bonuszahlung für Unternehmen, die die Vorgaben erfüllen. Die Linksfraktion hatte sich für noch weitergehende Regelungen ausgesprochen. Zwar lasse der Gesetzesentwurf "Verbesserungen für Menschen mit Behinderungen am Arbeitsmarkt erwarten". Allerdings würden beispielsweise arbeitslose Menschen mit Behinderung "völlig vergessen".