Drei Jahre nach Anschlag in Hanau "Deutschland hat weiter ein Rassismusproblem"
Ende 2020 beschloss die Bundesregierung Maßnahmen gegen Rechtsextremismus und Rassismus. Doch diese müssten auch umgesetzt werden, fordert die Antidiskriminierungsbeauftragte Ataman drei Jahre nach dem Anschlag in Hanau.
Die Maßnahmen im Kampf gegen Rechtsextremismus müssten konsequenter umgesetzt werden - das fordert die Antidiskriminierungsbeauftragte der Bundesregierung, Ferda Ataman. Zum dritten Jahrestag des rassistischen Anschlags in Hanau zieht sie eine Bilanz. Viele von Rassismus betroffene Menschen erlebten im Moment, dass die Diskussion über Diskriminierung als "woke" oder als "Identitätspolitik" verharmlost und als "belangloses Interesse von Minderheiten" abgetan werde, so Ataman.
Ende 2020 sei ein Kabinettsbeschluss mit Maßnahmen gegen Rechtsextremismus und Rassismus politische eine Zäsur gewesen, so Ataman. "Umso mehr ist es enttäuschend, dass die Bundesregierung ihre Ankündigungen bis heute nicht umgesetzt hat." Der umstrittene Begriff "Rasse" sei zum Beispiel nicht aus Artikel 3 des Grundgesetzes gestrichen worden.
Deutschland habe weiterhin ein Rassismusproblem, sagt Ataman. Das zeige sich unter anderem, wenn Bundespolitiker abfällig über muslimische Jugendliche als "kleine Paschas" redeten. CDU-Chef Friedrich Merz hatte nach den Ausschreitungen in der Silvesternacht in Berlin diesen Ausdruck verwendet.
Buschmann: "Fassungslosigkeit, Trauer, Abscheu"
Am 19. Februar 2020 hatte ein 43-Jähriger in Hanau neun Menschen aus rassistischen Gründen erschossen und weitere Menschen verletzt. Danach erschoss er seine Mutter und sich selbst.
Dass Menschen aufgrund ihrer Herkunftsgeschichte in Deutschland fürchten müssten, Opfer von Gewalttaten zu werden, dürfe nicht geduldet werden, sagt Bundesjustizminister Marco Buschmann. Der Anschlag in Hanau bleibe eine Wunde, die nicht verheile, so der FDP-Politiker.
Drei Jahre nach diesem Akt des Terrors blieben "Fassungslosigkeit, Trauer, Abscheu und die Frage: Warum war der Staat nicht in der Lage, seine Bürgerinnen und Bürger zu schützen?", sagt Buschmann. Der Rechtsstaat und seine Vertreter müssten ihre Lehren aus dem Anschlag und ihrem eigenen Versagen ziehen.
Gedenken der Opfer in Hanau
Die genaue Aufklärung der Umstände des Anschlags von Hanau sei für viele Betroffene von großer Bedeutung, um ihre Trauer erarbeiten zu können, sagt der Opferbeauftragte der Bundesregierung, Pascal Kober. "Auch über das strafrechtlich Notwendige hinaus", so der FDP-Politiker.
Vertreter aus Politik, Bürgerschaft und Religionsgemeinschaften gedenken heute der Opfer in Hanau. Zum Gedenken werden unter anderem Bundesinnenministerin Nancy Faeser und die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Annette Kurschus, erwartet.