Hochwasser in Deutschland Lage bleibt angespannt - Scholz plant Besuch
Auch zum Jahresende gibt es in den Hochwassergebieten keine Entwarnung. Mehrere Kommunen riefen zum Böller-Verzicht auf, um Einsatzkräfte zu entlasten. Bundeskanzler Scholz will heute Orte in den Hochwasserregionen besuchen.
In den Hochwassergebieten in Teilen Deutschlands geht auch zu Silvester der Einsatz Tausender Helfer weiter. In Niedersachsen gilt für viele Pegel die zweithöchste Meldestufe. Sorgen bereiten den Einsatzkräften vor allem die vielfach aufgeweichten Deiche, die brechen könnten.
Von Überschwemmungen betroffen sind vor allem Teile Niedersachsens, der Süden Sachsen-Anhalts an der Grenze zu Thüringen und Gebiete in Nordrhein-Westfalen. Zuletzt gab es mancherorts etwas Entwarnung. Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz hatte zum Beispiel mitgeteilt, dass mehrere Pegelstände ihren Scheitel erreicht hätten und wieder sinken würden.
DWD sagt weitere Regenfälle voraus
Den Angaben nach würden die Pegelstände in den Mittel- und Unterläufen der Aller, Leine und Oker aber vorerst auf dem derzeitigen Niveau verbleiben. Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens sagte dem "Spiegel", dass weitere Niederschläge angekündigt seien, außerdem könne es Sturm geben. "Trotzdem rechnen wir derzeit nicht damit, dass der angekündigte Regen die Situation dramatisch verschlimmern wird."
Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hat für den Vormittag des Silvestertags für den Nordwesten und Westen gebietsweise schauerartigen Regen vorausgesagt. An Neujahr soll es trockene Abschnitte geben, bis am Dienstag wieder teils andauernder und kräftiger Regen vorhergesagt ist. Groß ist deshalb die Sorge, dass sich die Lage an den Flüssen wieder verschärfen könnte.
Scholz will Flutgebiete besuchen
Bundeskanzler Olaf Scholz will in die Hochwassergebiete reisen. Nach Angaben der Bundesregierung und der niedersächsischen Staatskanzlei werden der Kanzler, Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil sowie Landesinnenministerin Daniela Behrens am Vormittag bei Verden nahe Bremen erwartet.
Zunächst ist ein Rundflug über die besonders betroffenen Gebiete vorgesehen. Danach werden die Politiker in Verden an der Aller vom Landesbranddirektor über die Hochwasserlage, die getroffenen Schutzmaßnahmen und die zu erwartende weitere Entwicklung informiert.
Im Anschluss wollen sich Scholz, Weil und Behrens mit Bürgern austauschen, die vom Hochwasser betroffen sind. Anschließend möchte sich der Kanzler bei den Hilfskräften bedanken, hieß es von der Staatskanzlei.
In Verden an der Aller steht die Altstadt unter Wasser. Bundeskanzler Scholz will die Stadt in Niedersachsen am Silvestertag besuchen (Bild vom 29.12.2023).
Kommunen rufen zu Böller-Verzicht auf
Um den Einsatzkräften weitere Arbeit zu ersparen, empfahlen mehrere Städte in Niedersachsen, auf Feuerwerk und Böller in der Silvesternacht zu verzichten, zum Beispiel die Stadt Celle. Die Einsatzkräfte seien mit dem Hochwasser bereits stark ausgelastet.
Auch Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer empfahl einen Verzicht von Silvesterböllern in den vom Hochwasser betroffenen Gebieten. Teilweise wurden auch Böllerverbote erlassen, wie etwa in der Gemeinde Lilienthal im Landkreis Osterholz bei Bremen.
Der Landkreis befürchtete darüber hinaus, dass zu Silvester viele Schaulustige im Hochwassergebiet unterwegs sein werden. Innenministerin Behrens bezeichnete Schaulustige und "Katastrophen-Touristen" als ärgerlich. "Viele reisen extra an, um sich die Wassermassen anzusehen. Sie ignorieren die Absperrungen." Es habe bereits mehrere Fälle gegeben, bei denen die Feuerwehr Schaulustige habe retten müssen.
Katastrophenfall im Landkreis Mansfeld-Südharz
Auch in anderen Landesteilen haben die Einsatzkräfte gut zu tun. In mehreren Ortschaften am Fluss Helme an der Landesgrenze zwischen Thüringen und Sachsen-Anhalt bleibt die Hochwasserlage kritisch. Der Landkreis Mansfeld-Südharz rief den Katastrophenfall aus. Nach Angaben des Bürgermeisters der Gemeinde Südharz, Peter Kohl, wurden vorsorglich Sammelstellen in zwei Turnhallen eingerichtet. Trotz Feststellung des Katastrophenfalls ändere sich an der praktischen Arbeit aktuell aber nichts.
An der Elbe bei Tangermünde im Norden Sachsen-Anhalts rechneten die Behörden damit, dass die zweite von vier Alarmstufen überschritten wird. In Sachsen und Nordrhein-Westfalen hatten die Behörden vorsichtig von einer Entspannung der Lage gesprochen.
Klingbeil fordert Ausbau des Katastrophenschutzes
Angesichts des Hochwassers sprach sich der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil für einen "massiven" Ausbau des Katastrophenschutzes aus. Das Hochwasser müsse Konsequenzen für politische Entscheidungen haben, forderte er im "Tagesspiegel". Nun müssten "der Katastrophenschutz und die Hochwasserprävention massiv ausgebaut werden".
Das Technische Hilfswerk, Zivilschutz, Feuerwehren und andere freiwillige Hilfsorganisationen bräuchten "die beste und modernste Ausrüstung, um das Land zu schützen", sagte Klingbeil weiter. Er warnte zudem vor den Folgen des menschengemachten Klimawandels, "der solche Wetterextreme immer häufiger verursacht".
Klingbeil hatte das Hochwassergebiet kürzlich mit dem niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil besucht. Auch Klingbeils Wahlkreis ist betroffen. "Das Ausmaß der Schäden ist erschütternd", sagte der SPD-Vorsitzende.