Höchstes Amt der Protestanten Kurschus ist neue EKD-Ratsvorsitzende
Die evangelische Kirche hat eine neue Ratsvorsitzende: Die westfälische Präses Annette Kurschus erreichte die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit. Sie folgt auf den bisherigen Amtsinhaber Bedford-Strohm.
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) wird zum zweiten Mal von einer Frau geführt. Die EKD-Synode und die Kirchenleitungen der 20 deutschen Landeskirchen wählten in Bremen die Präses der westfälischen Landeskirche, Annnette Kurschus, für sechs Jahre zur neuen Ratsvorsitzenden. Zuvor hatte bereits Margot Käßmann 2009 und 2010 für einige Monate als Ratsvorsitzende der EKD amtiert.
"Kostbarer Auftrag in der Welt"
Die 58-jährige Kurschus erhielt bei dem gemeinsamen digitalen Wahlgang 126 Ja-Stimmen. Vier Stimmberechtigte stimmten gegen sie, zehn enthielten sich. Sie folgt damit auf Heinrich Bedford-Strohm, der seit 2014 Chef des EKD-Rats war. Der 61-jährige bayerische Landesbischof kandidierte nicht erneut für Amt an der Kirchenspitze. Zur stellvertretenden EKD-Ratsvorsitzenden wurde die Hamburger Bischöfin Kirsten Fehrs bestimmt.
"Die Erwartungen an Kirche sind immer noch und immer neu groß", sagte Kurschus nach der Wahl. Das zeige sich selbst in mancher Kritik. Kirche solle Hoffnung geben. "Wir haben einen großen und kostbaren Auftrag in der Welt." Kirche habe "einen Ton in das Leben einzutragen, den sonst niemand einträgt."
Missbrauch in der Kirche
Kurschus sprach den Missbrauch in der Kirche an. Sie versprach den Betroffenen mehr Aufmerksamkeit für ihre Anliegen. Opfer sexualisierter Gewalt hätten gefordert, das Thema zur Chefinnensache zu machen, sagte Kurschus in einer kurzen Rede nach ihrer Wahl und ergänzte: "Das werde ich tun." Es gehe um verbindliche Strukturen und Konzepte, damit solche Taten nicht mehr passieren können, sagte die westfälische Präses. Als weitere Schwerpunkte für ihren Ratsvorsitz nannte sie das Thema Klimawandel und die Aufgabe der Kirche, an der Seite der Schwachen, Abgehängten und Verletzten zu stehen.
Bekannt durch Trauerfeier im Kölner Dom
Bundesweit bekannt wurde Kurschus durch die Trauerfeier im Kölner Dom für die Hinterbliebenen des Germanwings-Absturzes 2015 in Frankreich. Bei der Flugzeugkatastrophe waren 150 Menschen ums Leben gekommen, darunter 16 Schüler und Lehrer einer Schule aus Haltern am See. Kurschus beeindruckte in ihrer Predigt als einfühlsame Seelsorgerin.
Die Ratsvorsitzende der EKD ist die oberste Repräsentantin der evangelischen Kirche. Sie vertritt damit die Interessen von rund 20,2 Millionen evangelischen Christen in 20 Landeskirchen. Die oder der Vorsitzende wird während der EKD-Synode aus dem Kreis des 15-köpfigen EKD-Rats gewählt, der traditionell bereits einen Tag zuvor neu bestimmt wird. Kurschus wurde dabei von dem Rat selbst als Kandidatin für das Vorsitzendenamt vorgeschlagen.