Bundesverfassungsgericht Klage gegen Legasthenie-Vermerk erfolgreich
Das Bundesverfassungsgericht hat drei Abiturienten aus Bayern Recht gegeben, die gegen Legasthenie-Vermerke in ihren Zeugnissen geklagt hatten. Im Allgemeinen jedoch seien solche Vermerke möglich.
Der Erste Senat des Bundesverfassungsgericht hat ein Urteil zu Zeugnisvermerken bei Schülern mit Legasthenie aufgehoben. Drei Abiturienten aus Bayern hatten geklagt, weil in ihren Abiturzeugnissen aus dem Jahr 2010 vermerkt wurde, dass ihre Rechtschreibleistungen in Deutsch und teilweise auch in Fremdsprachen wegen einer ärztlich bescheinigten Legasthenie nicht benotet worden seien. Vor dem Bundesverwaltungsgericht hatten die drei Männer 2015 mit einer Klage keinen Erfolg.
Andere Behinderungen dürfen nicht unerwähnt bleiben
Das Bundesverfassungsgericht gab den Klägern jetzt im konkreten Fall recht. Und sie erkennen auch an: Die Betroffenen seien klar benachteiligt, wenn im Abiturzeugnis vermerkt wird, dass die Rechtschreibung nicht bewertet wird. Diejenigen, die später das Zeugnis lesen, würden auf die Legasthenie schließen können.
Es sei vor allem deshalb nicht in Ordnung, sagen die Verfassungsrichter, wenn - wie damals in Bayern üblich - zwar die Legasthenie, aber andere Behinderungen nicht erwähnt werden. Behinderungen, die vielleicht auch dazu führen, dass einzeln Leistungen nicht bewertet werden. Aus Sicht der Verfassungsrichter komme es vor allem darauf an, alle gleich zu behandeln. Und deswegen seien diese konkreten Vermerke bei den Klägern nicht zulässig gewesen.
Zeugnisvermerke sind im Allgemeinen rechtens
Im Allgemeinen jedoch verwies der Senat auf die Möglichkeit eines entsprechenden Zeugnisvermerks. Unter dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit könne dies sogar geboten sein, sagte Gerichtspräsident Stephan Harbarth in Karlsruhe. Denn das Abitur habe eine große Bedeutung, weil danach die Leistungsfähigkeit aller Schüler beurteilt wird. Möglicherweise müsse sogar im Abitur vermerkt werden, wenn teilweise Leistungen nicht bewertet werden.
Das Urteil ist damit ein Leitfaden für alle Bundesländer: Zeugnisvermerke sind durchaus erlaubt. Vielleicht müssen sie im Sinne der Gleichbehandlung sogar ins Abitur geschrieben werden. Nur, wenn es Vermerke gibt, dann müssten sie immer erfolgen, wenn Leistungen nicht bewertet werden.
Aktenzeichen: 1 BvR 2577/15, 2578/15 und 2579/15.
Mit Informationen von Gigi Deppe, ARD-Rechtsredaktion