Bayerisches Landeskriminalamt Protest nach Abhöraktion gegen "Letzte Generation"
SPD, Linke und Grüne üben scharfe Kritik an der Abhöraktion bayerischer Ermittler gegen die "Letzte Generation", von der auch Journalisten betroffen sind. Die bayerische Linke hat deshalb vor dem Justizministerium in München protestiert.
Vor dem Hintergrund der Abhöraktion bayerischer Behörden gegen die Klimaaktivisten der "Letzten Generation" hat die bayerische Linke vor dem Justizministerium in München protestiert. Dabei warf die Landessprecherin und Spitzenkandidatin zur Landtagswahl, Adelheid Rupp, dem Freistaat einen Rechtsverstoß vor. "Wenn abgehört wird, was in Bayern jetzt der Fall war, muss das einer besonderen Prüfung unterzogen werden. Diese besondere Prüfung hat nicht stattgefunden."
Der Protest entbrannte insbesondere, weil auch Gespräche mit Journalistinnen und Journalisten belauscht worden waren. Diese seien Berufsgeheimnisträger, so Rupp. Sie forderte die Fraktionen der Grünen und der SPD im bayerischen Landtag auf, sich für Aufklärung einzusetzen und gegebenenfalls einen Untersuchungsausschuss anzustoßen. Zugleich kündigte sie an, dies umgehend selbst tun zu wollen, sollte die Linke im Oktober in das Maximilianeum einziehen und der Vorgang bis dahin nicht aufgeklärt sein.
Die Generalstaatsanwaltschaft München hatte zuvor bestätigt, dass Ermittler Telefonate von Mitgliedern der Klimagruppe "Letzte Generation" in ihrem Auftrag abhörten. Die "Süddeutsche Zeitung" hatte zuvor berichtet, dass die Behörde offenbar monatelang zahlreiche Gespräche von Aktivisten mit Journalisten belauschte.
Kritik von Grünen, SPD und Linkspartei
"Das gesamte Vorgehen wirft Fragen nach der Verhältnismäßigkeit auf", sagte Lars Castellucci, stellvertretender Vorsitzender des Innenausschusses im Bundestag, dem "Tagesspiegel". Diese Fragen richteten sich nicht nur an die Behörden, sondern auch an die Politik. "Die Sorgen vor einer Radikalisierung des Klimaprotests sind ernst zu nehmen", sagte der SPD-Politiker. "Der Straftatbestand einer kriminellen Vereinigung darf aber keine Einladung zu Vorgehensweisen sein, die die Beschuldigten erst in die Radikalität treiben."
Der Linken-Fraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch bewertete die Abhöraktion im "Tagesspiegel" als Teil des bayerischen Wahlkampfes. "Die Abhöraktion der bayerischen Generalstaatsanwaltschaft ist völlig unangemessen und zeigt, dass es falsch ist, dass Staatsanwälte politisch weisungsgebunden sind. Sie werden zu einem unanständigen Wahlkampf missbraucht", sagte Bartsch.
Der Sprecher für Medienpolitik der Grünen, Erhard Grundl, sagte: "Es ist ein schwerwiegender Vorfall, wenn die Vermutung unwidersprochen im Raum steht, dass Polizei und Justiz gezielt Abhöraktionen gegen Journalisten angeordnet und durchgeführt haben. Das wäre nicht mit der Pressefreiheit, die konstitutiv für unser Land ist, zu vereinbaren." Der bayerische Justizminister und der bayerische Innenminister müssten sich erklären, so Grundl.
Maßnahmen als "verhältnismäßig" eingestuft
Das Amtsgericht München habe wegen des Anfangsverdachts der Bildung beziehungsweise Unterstützung einer kriminellen Vereinigung gegen Mitglieder der "Letzten Generation" Beschlüsse zur Überwachung der Telekommunikation erlassen, teilte die Behörde mit. Diese Beschlüsse seien vom Bayerischen Landeskriminalamt im Auftrag der Generalstaatsanwaltschaft vollzogen worden.
Ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft München teilte mit, dass sich die Beschlüsse nicht gegen Journalistinnen oder Journalisten richteten. "Diese waren aufgrund von Anrufen über die überwachten Telefonnummern allerdings von den Maßnahmen betroffen."
Er erklärte, dass vor und während der Überwachung ständig deren Verhältnismäßigkeit geprüft worden sei. Die Generalstaatsanwaltschaft sei ebenso wie vor dem Erlass der Beschlüsse zu der Auffassung gelangt, dass die Maßnahmen vor dem Hintergrund der Tatvorwürfe verhältnismäßig seien. "Bei dieser Abwägung wurde der Verfassungsrang der Pressefreiheit selbstverständlich entsprechend gewichtet", teilte der Sprecher mit.
Polizei rechtfertigt Vorgehen
"Niemand steht über dem Gesetz, auch die Letzte Generation nicht", erklärte hingegen der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt. "Strafprozessuale Maßnahmen richten sich nach dem Tatverdacht und der Schwere der Straftaten, die den Verdächtigen vorgeworfen werden. Da dürfe Sympathie für vermeintlich gute Ziele keine Rolle spielen." Die Abhörmaßnahmen seien "durch unabhängige Richter genehmigt" und könnten "jederzeit überprüft werden, auch nachträglich und in Bezug auf ihre Verwertbarkeit".
Die Klimabewegung äußerte sich empört über die Abhöraktion der bayerischen Ermittler. Dass etwa auch private Telefongespräche mitgehört und protokolliert worden seien, sei "verstörend", erklärte die Sprecherin der Bewegung, Carla Hinrichs. Die "Letzte Generation" erklärte in einer Mitteilung weiter, es sei unklar, ob die Überwachung noch anhalte.