Geschichte der RAF Mit Terror gegen die Staatsmacht
Entführungen, Anschläge und Morde - knapp 30 Jahre lang versuchte die Rote Armee Fraktion die Bundesrepublik zu destabilisieren. Die Folgen ihres Terrors reichen bis in die Gegenwart.
Annähernd 30 Jahre dauerte der Kampf der linksterroristischen Rote Armee Fraktion (RAF). Bis zu ihrer Auflösung im April 1998 tötete die RAF 34 Menschen und verletzte mehr als 200. Ein Überblick über die Entwicklung der Gruppe.
Die Anfänge der RAF
Zunächst bekannt wird die RAF als Baader-Meinhof-Gruppe. Nach dem tödlichen Schuss eines Polizisten auf den Studenten Benno Ohnesorg am 2. Juni 1967 und das Attentat auf den Vorsitzenden des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS), Rudi Dutschke, 1968 radikalisieren sich Teile der sogenannten 68-er Bewegung.
Aus Protest gegen den Vietnamkrieg verüben Andreas Baader, Gudrun Ensslin und zwei weitere 1968 in Frankfurt am Main Brandanschläge auf zwei Kaufhäuser. Die Journalistin Ulrike Meinhof kommt während des Gerichtsprozesses mit ihnen in Kontakt.
Im Mai 1970 befreien Meinhof und drei Komplizen Baader gewaltsam aus der Haft in Berlin. Diese Aktion gilt als Geburtsstunde der RAF. Die Gruppe geht in den Untergrund.
Die RAF sieht sich als Teil des Klassenkampfes und eines weltweiten Aufstands gegen Imperialismus und Kapitalismus. Ihr Name bezieht sich auf die Armee der kommunistischen Sowjetunion. Mit ihrem bewaffneten Kampf und dem Konzept einer angeblichen Stadtguerilla vergleicht sie sich mit weltweiten Befreiungsbewegungen.
Sie selbst bezeichnen sich als "kommunistische antiimperialistische Stadtguerilla". Es wird zu ihrem Ziel, den Staat durch Anschläge gewaltsam psychologisch zu destabilisieren. Nacheinander bilden sich drei RAF-Generationen heraus.
Erste Anschläge
Erste Straftaten begeht die RAF ab 1970, darunter Banküberfälle. Den ersten Mord verübt die Gruppe 1971 an dem Hamburger Polizisten Norbert Schmid. Er wird beim Versuch, Mitglieder der RAF festzunehmen, erschossen.
Im Mai 1972 verüben die Linksterroristen einen Bombenanschlag auf das Hauptquartier der US-Streitkräfte in Frankfurt am Main, ein US-Soldat stirbt. Das Bekennerschreiben verweist auf den Vietnamkrieg.
Bis Ende 1974 begeht die Gruppe um Baader, Ensslin und Meinhof zahlreiche Banküberfälle sowie Bombenanschläge unter anderem auf US-Militäreinrichtungen und deutsche Sicherheitsbehörden. Vier Menschen sterben, 41 werden verletzt. Zuvor hatten sie in Jordanien von der Palästinenser-Organisation Fatah eine militärische Ausbildung erhalten.
RAF-Entführungen im "Deutschen Herbst"
Es folgen weitere Bombenanschläge mit Toten und Verletzten - unter anderem auf den Springer-Verlag und mehrere Polizei-Stationen. Kurz darauf werden die Führungsfiguren der RAF festgenommen: Baader, Ensslin, Meinhof und weitere Mitglieder der Kommandoebene müssen in Haft. Ihnen wird in einem für diesen Zweck neu errichteten Justizkomplex in Stuttgart-Stammheim der Prozess gemacht.
Parallel zu den Strafverfahren entwickelt sich aus deren Sympathisantenumfeld die sogenannte zweite Generation der RAF. Sie kooperiert logistisch und taktisch eng mit palästinensischen Terrorgruppen aus dem Nahen Osten. Die zweite Generation entfesselt eine massive Terrorwelle, um die RAF-Gründer freizupressen.
Im Frühjahr und Sommer 1977 erschießt die RAF Generalbundesanwalt Siegfried Buback sowie den Dresdner-Bank-Chef Jürgen Ponto, dann folgt der sogenannte Deutsche Herbst: Die RAF entführt Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer, parallel bringen verbündete palästinensische Terroristen das Lufthansa-Flugzeug "Landshut" in ihre Gewalt. Die Spezialeinheit GSG9 befreit die Maschine am 18. Oktober 1977 in der somalischen Hauptstadt Mogadischu, der Arbeitgeber-Präsident Hanns Martin Schleyer wird von der RAF ermordet. Baader und Ensslin begehen in der Haft in Stammheim Suizid.
Die letzte Phase
Die Führungsfiguren der zweiten Generation tauchen anschließend zunächst im Ausland ab, kehren aber allmählich zurück und werden in den folgenden Jahren aufgrund des immensen Fahndungsdrucks gefasst. Ab Mitte der 1980er-Jahre wird dann die dritte RAF-Generation aktiv. Sie verlagert den Fokus wieder mehr auf Anschläge auf Vertreter des US-Militärs, 1985 werden bei einem Bombenanschlag auf eine US-Basis in Frankfurt am Main zwei Menschen getötet.
Auch Wirtschaftsführer werden von der Terrorgruppe ins Visier genommen. Bei einem Sprengstoffanschlag auf sein Auto stirbt 1989 der Deutsche-Bank-Chef Alfred Herrhausen. 1991 erschießt ein Scharfschütze der RAF den Chef der Treuhandanstalt, Detlev Karsten Rohwedder, in dessen Haus. Er ist das letzte Anschlagsopfer der Gruppe.
1993 verübt die Gruppe einen letzten Bombenanschlag auf einen unbenutzten Gefängnisneubau im hessischen Weiterstadt. Verletzt wird niemand. Danach wird es still um die Terrorgruppe. Mit einem Selbstauflösungsschreiben, das sie am 20. April 1998 per Post an Medien zustellt, beendet sie ihren Kampf.
Vieles ist weiterhin unklar
Nach Angaben der Bundesanwaltschaft ermordete die RAF während der Jahre ihres Bestehens 34 Menschen. Bei Anschlägen oder Schusswechseln bei Festnahmeversuchen starben neben den prominenteren Opfern unter anderem niederländische Grenzbeamte, deutsche Polizisten sowie Dienstwagenfahrer und eine Passantin. 26 Prozesse gegen führende Angehörige der RAF endeten mit lebenslangen Haftstrafen, der letzte Prozess fand 1998 statt.
Viele Details aus dem früheren Innenleben der Organisation und zum Ablauf ihrer Anschläge bleiben unbekannt. Bislang ist nicht geklärt, wer genau Buback, Ponto, Schleyer und Herrhausen tötete.
Vor allem über die dritte RAF-Generation ist bis heute kaum etwas bekannt. Zu ihren wenigen überhaupt identifizierten Mitgliedern gehören Daniela Klette, Burkhard Garweg und Ernst-Volker Staub. Die drei mutmaßlichen früheren Terroristen bleiben nach der Auflösung der RAF im Untergrund und damit auch weiterhin auf den Fahndungslisten. Für Klette zumindest endete die jahrelange Flucht nun am Montag in Berlin - sie wurde festgenommen.