Fachleute sehen Normalisierung Entwarnung bei RS-Viruswelle
Im vergangenen Winter erkrankten viele Babys und Kleinkinder am RS-Virus. Nun gibt es neue Impfstoffe - und Fachleute rechnen mit einer Normalisierung der Zahlen.
Nach einer enormen RSV-Welle bei Babys und Kleinkindern im vorigen Herbst und Winter rechnen Fachleute nun eher wieder mit einer Normalisierung der Fallzahlen. Die Erkrankungen dürften sich in der bevorstehenden kühlen Jahreszeit wieder "in normalen Höhen" bewegen, meint Folke Brinkmann, Leiterin der Sektion Pädiatrische Pneumologie an der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein. Die Zahl der unter Einjährigen, die an dem RS-Virus erkrankt waren, hatte im 4. Quartal 2022 fünfmal höher gelegen als im gleichen Zeitraum 2018, so das Robert Koch-Institut.
Nachgeholte Infektionen bei Ein- bis Zweijährigen, die in der Corona-Pandemie nicht mit RSV in Kontakt gekommen waren, seien voraussichtlich nicht mehr ganz so ausgeprägt zu sehen. RSV ist die Abkürzung für "Respiratorisches Synzytial-Virus", ein Atemwegserreger.
Eine Ärztin im Berliner St. Joseph-Krankenhaus untersucht ein Baby mit Atemwegsinfektion.
Zwei neue Impfstoffe
In den vergangenen Monaten sind in der EU erstmals zwei RSV-Impfstoffe zugelassen worden - allerdings nicht für Kinder. Sie sind für Menschen ab 60 Jahren gedacht, einer der beiden Impfstoffe auch für Schwangere, mit dem Ziel der Weitergabe des Immunschutzes an den Säugling.
Bisher liegt in Deutschland noch keine Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO) zu dem Einsatz der Impfstoffe vor. Dies sei auch für diesen Herbst nicht mehr zu erwarten, so STIKO-Mitglied Klaus Überla. Das Expertengremium erarbeite derzeit noch verschiedene dafür nötige Aspekte, etwa eine Modellierung zum möglichen Einfluss der Impfstoffe auf die RSV-Verbreitung in der Bevölkerung. Es gehe auch um Risiko-Nutzen-Abwägung. Die Erstattung der Kosten für die Impfung hängt Überla zufolge damit zunächst von der Krankenkasse ab. Gerade in Hinblick auf die RSV-Impfung Schwangerer sei zunächst ein ganz klares Sicherheitssignal nötig.
Unsicherheit bei Impfempfehlung
Grund für die bisherige Zurückhaltung sind den Fachleuten zufolge offene Fragen zu etwas mehr Frühgeburten in einer der Studien zu den sehr ähnlichen Impfstoffen. Überla sprach zwar von "statistisch nicht signifikanten Unterschieden", es könnten zufällige Beobachtungen sein. Aber diese gewisse Unsicherheit mache eine generelle Impfempfehlung für alle Schwangeren zunächst schwierig.
Mit Blick auf ältere Patienten sagte Überla, Direktor des Virologischen Instituts am Uniklinikum Erlangen, dass die Anwendung bei Senioren auf individueller Basis vorstellbar sei, vor allem wenn viele Vorerkrankungen und damit ein großes Risiko vorliegen. Als Risikogruppen gelten bei RSV zum Beispiel Früh- und Neugeborene, Säuglinge, Kinder mit vorerkrankter Lunge, mit Herzfehlern sowie Erwachsene über 65 und Menschen mit beeinträchtigtem Immunsystem.
Saison von November bis April
Die typische RSV-Saison geht von November bis April. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts wurde die Verbreitung in der Bevölkerung lange Zeit unterbewertet. Im vergangenen Herbst und Winter hatte es in vielen Ländern eine heftige RSV-Welle gegeben. Betroffen waren viele Kinder, die wegen der Corona-Pandemie und den dagegen getroffenen Maßnahmen zuvor keinen Kontakt zu dem Erreger hatten. Kliniken und Kinderarztpraxen waren zeitweise überlastet.