"Sozialer Frieden gefährdet" Sozialverbände warnen vor Folgen weiterer Kürzungen
Deutschlands große Sozialverbände schlagen gemeinsam Alarm. Laut einer Umfrage mussten zwei Drittel der Einrichtungen ihr Angebot bereits einschränken oder sogar einstellen. Weitere Kürzungen seien "demokratiegefährdend".
Kürzt die Bundesregierung im Bundeshaushalt für das kommende Jahr weitere Zuwendungen für soziale Einrichtungen und Hilfsangebote, könnte das laut den größten Sozialverbänden des Landes fatale Folgen haben.
Caritas, Diakonie, Rotes Kreuz, Arbeiterwohlfahrt und andere Träger veröffentlichten das Ergebnis einer internen Umfrage, an der sich etwa 8.300 Einrichtungen beteiligt haben. 49 Prozent mussten demnach ihre Angebote und Leistungen aus Geldmangel bereits einschränken, 15 Prozent ihre Aktivitäten ganz einstellen. Mehr als drei Viertel der Befragten rechnen damit, dass sie 2025 ihre Angebote reduzieren oder einstellen müssen.
"Unter denjenigen Befragten, die von einer Kürzung oder dem Wegfall von Angeboten und Leistungen im kommenden Jahr ausgehen, herrscht eine große Angst, auch freiwilliges Engagement vor Ort zu verlieren", heißt es in der Umfrage, deren Ergebniszahlen mit anonymen Zitaten der Teilnehmer illustriert sind. "Die Leute werden im Stich gelassen" oder "der soziale Frieden ist gefährdet", heißt es da.
"Bedrohung für die soziale Infrastruktur"
"Unsere Umfrage zeigt: Die Sparpolitik des Finanzministers ist eine ernste Bedrohung für die soziale Infrastruktur in unserem Land", erklärte der Präsident der Bundesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrtspflege (BAGFW), Michael Groß.
Die Spitzenverbänden haben nach eigenen Angaben rund 1,9 Millionen hauptamtliche Beschäftigte in 118.000 Einrichtungen und Diensten mit 4,1 Millionen Betten beziehungsweise Plätzen.
Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa weist auf das soziale Netz von Kitas, Sozialstationen, Schuldnerberatungsstellen und Familienzentren für arme, kranke oder einsame Menschen hin, das durch Einsparungen löchriger werde. Dadurch gingen sowohl online als auch offline auch Begegnungsräume verloren.
"Massenhafte Ausgrenzung von Menschen"
"Weitere Kürzungen bei sozialpolitischen Leistungen und bei der Förderung von Freiwilligem Engagement im Bundeshaushalt 2025 sind demokratiegefährdend und nicht akzeptabel", warnte Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch.
Rolf Rosenbrock, Vorsitzender des Paritätischen Gesamtverbandes, ergänzte: "Ungleichheit und Armut gefährden die Grundlagen sozialer und politischer Teilhabe. Das Abhängen ganzer Regionen und Stadtteile sowie die massenhafte Ausgrenzung von Menschen dürfen wir uns nicht länger leisten."
Die Bundesregierung verhandelt derzeit über den Entwurf des Bundeshaushalts für 2025 - im Etat fehlt ein zweistelliger Milliardenbetrag. Finanzminister Christian Lindner favorisiert eine "Wirtschaftswende", möchte bei den Ausgaben für Soziales hingegen auf die Bremse treten.