Geschlossene Praxen Lauterbach hat kein Verständnis für Ärztestreik
Aus Protest gegen die Gesundheitspolitik wollen Tausende Ärzte ihre Praxen nach Weihnachten dicht lassen. Für den Zeitpunkt des Streiks hat Gesundheitsminister Lauterbach kein Verständnis. Zumal mit Blick auf die Krankheitswelle.
Schon seit Langem klagen niedergelassene Ärzte über eine starke Arbeitsbelastung. Aus Protest gegen die Gesundheitspolitik sollen nun Tausende Praxen in den Tagen nach Weihnachten dicht bleiben. Diese Streikankündigung kritisiert Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach scharf.
Jeder Zehnte ist krank
Für den Zeitpunkt hat er kein Verständnis. "Die Forderungen der Ärzteschaft sind bekannt, sie müssen nicht noch einmal vorgetragen werden, daher braucht jetzt nicht gestreikt werden, insbesondere wo so viele Menschen krank sind", sagte Lauterbach dem RBB. Jetzt, wo jeder Zehnte krank sei und die Menschen die Versorgung bräuchten, dürften die ohnehin vollen Praxen nicht schließen.
Hausärzteverband: "Laufen auf dem Zahnfleisch"
Der Virchowbund der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte will viele Praxen zwischen dem 27. und 29. Dezember geschlossen lassen. Für dringende Fälle sollen Vertretungsärzte benannt werden. "Wo man auch hinblickt: Beinahe jede Arztpraxis ist aktuell massiv überlastet", sagte der Vorsitzende Dirk Heinrich.
Der Hausärztinnen- und Hausärzteverband pflichtet dem bei. "Die Hausarztpraxen laufen einmal mehr auf dem Zahnfleisch - und das, obwohl die Grippesaison noch gar nicht angefangen hat", sagte Vorsitzender Markus Beier, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Wartezeiten würden länger, für die Behandlung selbst bleibe kaum noch Zeit. Beier forderte von Lauterbach erneut einen Krisengipfel. Es brauche unter anderem einen Abbau von Bürokratie.
Lauterbach will Krisengipfel im Januar
Der Gesundheitsminister lenkte ein: "Wir müssen eine Reform machen. Das ist über viele Jahre nicht gelaufen", so Lauterbach gegenüber dem RBB. "Wir haben zu viel Bürokratie in den Praxen. Daran wird jetzt gearbeitet." Bereits am Mittwoch hatte er auf der Plattform X einen Krisengipfel für Januar angekündigt. Vorschläge zu einer notwendigen Entbürokratisierung und einer Honorarreform würden demnach schon seit Monaten vorbereitet.
RKI: Mehrere Atemwegsviren parallel
Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) ist der Krankheitsstand in Deutschland derzeit sehr hoch. Mehr als jeder Zehnte ist demnach noch oder war gerade betroffen. Es werde von etwa 8,9 Millionen Atemwegserkrankungen ausgegangen, hieß es in einem Bericht am Mittwoch. In der Woche zuvor lag die Zahl bei 7,9 Millionen Erkrankungen. Insgesamt sei dies ein ähnlich hohes Niveau wie im Vorjahr um diese Zeit.
Im Wochenvergleich seien die Werte insbesondere bei den Kindern im Schulalter und jungen Erwachsenen gestiegen, schreibt das RKI. Neben Corona gebe es für diese Zeit ungewöhnlich viele Rhinovirusinfektionen (Erkältungen) sowie zunehmend RSV- und Grippefälle. RSV steht für das Respiratorische Synzytial-Virus - womit derzeit insbesondere Kinder unter zwei ins Krankenhaus kommen.
Die Grippewelle hat nach RKI-Definition nach wie vor nicht begonnen. Allerdings sprechen die Fachleute mit Blick auf stichprobenartige virologische Untersuchungen von einem auffällig steilen Anstieg der Rate positiver Proben von sogenannten Influenza A(H1N1)pdm09-Viren.