Hintergrund

Seehofers Attacken gegen Merkel Wir schaffen das - oder nicht?

Stand: 31.07.2016 11:44 Uhr

Zwischen den Köpfen der Schwesterparteien CDU und CSU knirscht es gewaltig - und das seit etwa einem Jahr, seit hunderttausende Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind. Seehofers gestrige Attacke auf Merkel war nur eine von vielen. Ein Rückblick.

Beginn der Flüchtlingskrise: Zur Entscheidung Merkels im September 2015, Flüchtlinge aus Ungarn nach Deutschland kommen zu lassen, sagt Seehofer: "Das war ein Fehler, der uns noch lange beschäftigen wird. Ich sehe keine Möglichkeit, den Stöpsel wieder auf die Flasche zu kriegen." Und dann kritisiert er: "So kann die Arbeitsteilung nicht sein, dass die einen für die Moral und die Menschlichkeit sind, und die anderen sind für die Arbeit und für die Ressourcen zuständig."

CSU-Parteitag: Auf dem CSU-Parteitag im November brüskiert Seehofer Merkel auf offener Bühne. Entscheidend ist dabei nicht einmal, dass er der Kanzlerin widerspricht, das war zu erwarten. Dass er aber gefühlt eine halbe Ewigkeit redet, während Merkel wie ein Schulmädchen neben ihm stehen muss, entfaltet eine verheerende Wirkung. Selbst CSU-Politiker halten den Auftritt für missglückt.

Schwindendes Vertrauen: Auf der zweiten CSU-Klausur in Wildbad Kreuth im Januar redet sich Seehofer den Frust von der Seele. Er bezeichnet das Vertrauensverhältnis als "angeknackst". "Es ist ein Thema, das mich ungeheuer belastet - weil ein so vertrauensvolles Verhältnis in einem so wichtigen Thema wie der Begrenzung gestört ist", sagt er.

Horst Seehofer und Angela Merkel in Wildbad Kreuth

Auch bei der CSU-Klausur im Januar in Kreuth ...

Klagedrohung: Seehofer fordert Merkel schriftlich zu einer Kehrtwende auf, fordert eine wirksame Sicherung der deutschen Grenze und eine Obergrenze von 200.000 Flüchtlingen pro Jahr. Für den Fall, das der Bund nicht handelt, droht Seehofer mit einer Verfassungsklage. Sein Kabinett leitet die dafür notwendigen Schritte in die Wege.

Reise zu Putin: Seehofer beteuert, sein Gespräch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin sei mit der Kanzlerin abgestimmt - doch wird die Reise weithin als Affront gegenüber Merkel gewertet.

Herrschaft der Unrechts: Es ist der vorläufige Höhepunkt in einer Serie Merkel-kritischer Äußerungen: In einem Interview mit der "Passauer Neuen Presse" rückt Seehofer die von Merkel im Herbst 2015 verkündete Grenzöffnung für Flüchtlinge in die Nähe des Vorgehens von Unrechtsstaaten: "Wir haben im Moment keinen Zustand von Recht und Ordnung", klagt er und sagt: "Es ist eine Herrschaft des Unrechts."

Bilanz der Flüchtlingskrise: Zwei Tage nach Merkels Erneuerung ihres Credos "Wir schaffen das" in der Sommerpressekonferenz widerspricht Seehofer. Nach einer Kabinettsklausur am Tegernsee im Juli 2016 distanziert er sich mit den Worten: "Ich kann mir diesen Satz auch beim besten Willen nicht zu eigen machen. Dafür ist die Problemlage zu groß."

Seehofer über Merkels Zukunft: In einem "Spiegel"-Interview lässt Seehofer die Frage offen, ob die CSU Merkel wieder als Kanzlerkandidatin unterstützen werde. "Nächste Frage", sagt der CSU-Chef dazu, erklärt aber auch, er sehe keine Alternative zu ihr.

Quelle: dpa

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 31. Juli 2016 um 20:00 Uhr.