Klimawandel Pflegeheimen fehlt Geld für Hitzeschutz
Mehr als 8.000 Menschen sind einer Studie zufolge 2022 in Deutschland hitzebedingt gestorben. Da vor allem Ältere gefährdet sind, fordern Pflegeheime mehr Geld, um für besseren Hitzeschutz sorgen zu können.
Durch den Klimawandel werden gesundheitsgefährdende Hitzewellen weiter zunehmen. Deshalb will Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) dafür sorgen, dass mehr Menschen vor Hitze gewarnt und über die Gefahren besser aufgeklärt werden. Besonders Risikogruppen sollten stärker sensibilisiert werden, heißt es in seinem Hitzeschutzplan, dabei müsse das Wissen für Laien verständlich aufbereitet sein.
Doch eine Informationskampagne allein reiche nicht, erklären mehrere Wohlfahrtsverbände auf Anfrage des ARD-Magazins Panorama. Sie fordern vor allem mehr Geld für ihre Pflegeeinrichtungen, um nötige Hitzeschutzmaßnahmen auch umsetzen zu können.
Ältere besonders gefährdet
Denn besonders ältere Menschen vertragen Hitze schlecht. Sie schwitzen tendenziell weniger, gleichzeitig lässt bei vielen das Durstgefühl nach. Das erhöht nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) das Risiko für Überhitzung und Austrocknung. Bei Hitze sehe man eindeutig eine Zunahme der Todesfälle, erklärt Andreas Matzarakis, Leiter des medizinisch-meteorologischen Zentrums des DWD.
Vor allem die Dauer einer Hitzewelle könne die Gefahr erhöhen, daher könne die überproportionale Zunahme langer Hitzewellen auch zu einer stark ansteigenden Zahl von Todesfällen führen, heißt es im Sachstandbericht "Klimawandel und Gesundheit 2023" unter Koordination des Robert Koch-Instituts.
Allein 2022 sind in Deutschland nach einer Studie, die im Fachmagazin Nature veröffentlicht wurde, mehr als 8.000 Menschen hitzebedingt gestorben - deutlich mehr als im selben Jahr im Straßenverkehr.
Pflegekräfte besonders belastet
Um zu verhindern, dass Menschen an Hitze erkranken oder sogar versterben, sehen sich Pflegekräfte inzwischen einer Doppelbelastung ausgesetzt - das schreibt zum Beispiel der Paritätische Gesamtverband auf Anfrage von Panorama.
Die Mitarbeitenden von Pflegeeinrichtungen spürten die Auswirkungen der hohen Temperaturen selbst am eigenen Körper, gleichzeitig müssten sie die Bewohner der Seniorenunterkünfte vor Hitzebelastungen schützen, erklärt der Wohlfahrtsverband. So müssten Pflegekräfte an heißen Tagen zusätzlich kontrollieren, ob die älteren Menschen regelmäßig trinken, außerdem kühlende Waschungen vornehmen oder verschwitzte Bettwäsche wechseln.
Weitere Hitzeaufgaben seien unter anderem, Herzkranke und an Demenz erkrankte Menschen bei der Flüssigkeitsaufnahme zu beraten, sagt die Präsidentin des Deutschen Pflegerates, Christine Vogler, und bei Diabetikern müsse möglicherweise darauf geachtet werden, das Insulin anders zu lagern. Vogler wünscht sich, dass die vielen zusätzlichen Aufgaben an Hitzetagen mit einem Zuschlag vergütet würden.
Hitzeschutz ist teuer
Mehrere Wohlfahrtsverbände wie etwa das Deutsche Rote Kreuz beklagen außerdem, dass die Finanzierung nötiger baulicher Veränderungen eine große Herausforderung sei. Gebäudesanierungen, mit denen Räume gegen Hitze gedämmt werden, könnten viel verbessern, schreibt der Deutsche Caritasverband, doch dafür fehlten gerade gemeinnützigen Trägern die finanziellen Kapazitäten.
Angesichts der Dringlichkeit passiere politisch noch zu wenig, so die Caritas. Und auch die Diakonie Deutschland schreibt: "Wir halten die bisherigen Maßnahmen für nicht ausreichend." Mit den jetzigen Vergütungsstrukturen sei die Immobiliensanierung der Sozialwirtschaft nicht zu leisten, erklärt die Diakonie.
Bund sieht Länder in Verantwortung
Das Bundesgesundheitsministerium entgegnet dazu in einer Stellungnahme, dass die Personalausstattung zwischen den Pflegekassen und Verbänden der Pflegeeinrichtungen vereinbart werde. In diesem Rahmen sei es Sache der Einrichtungen, den Personaleinsatz so zu gestalten, dass der Versorgungsbedarf bei Hitzeperioden berücksichtigt werde. Und für nötige Investitionen seien die Pflegeeinrichtungen selbst - gemeinsam mit den Ländern - zuständig.
Auch die Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Claudia Moll, sieht die Länder hier in der Verantwortung. Die Sommer würden wärmer und länger, deshalb müssten sie endlich bei den Investitionskosten ihrer Pflicht nachkommen, damit Gebäude an die veränderten klimatischen Bedingungen angepasst werden könnten.
Auf Anfrage mehrerer Bundesländer antworteten lediglich Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Beide Länder verweisen auf die Träger der Pflegeeinrichtungen. Diese entschieden selbst, welche Hitzeschutzmaßnahmen sie ergreifen, schreibt das baden-württembergische Sozialministerium. Für solche betriebsbedingten Investitionen könnten sie bei den Bewohnerinnen und Bewohnern Umlagen erheben, ergänzt das Sozialministerium in Mainz.
Das Bundesgesundheitsministerium verweist zudem auf verschiedene Förderangebote, unter anderem auf das Programm "Klimaanpassungen in sozialen Einrichtungen", das richte sich auch gezielt an Pflegeheime. Der Paritätische Gesamtverband schreibt allerdings, dieses Programm verfüge über eine viel zu kleine Fördersumme.
Konsequenter Klimaschutz nötig
In Zukunft jedenfalls werden die Hitzerisiken insbesondere für ältere und vorerkrankte Menschen weiter wachsen und damit auch die Herausforderungen für Pflegeinrichtungen.
Um Menschen zu schützen, ist es aber aus Sicht der Wissenschaft nicht nur nötig, sich besser an die Folgen des Klimawandels anzupassen, sondern auch, konsequenteren Klimaschutz zu betreiben. Denn solange Menschen fossile Brennstoffe nutzen und damit klimaschädliche Treibhausgase verursachen, wird sich demnach die Erde weiter aufheizen.